Touristen nicht willkommen? Diese Orte wehren sich gegen den Ansturm
Wer jetzt die Nase voll vom Massentourismus hat
Der Tourismus war für viele beliebte Reiseziele anfangs in erster Linie ein wirtschaftlicher Segen. Einige Orte leiden aber inzwischen unter ihrem eigenen Erfolg. Überfüllung, explodierende Wohnkosten und Umweltschädigung sind in beliebten Touristendestinationen rund um den Globus zu Alltagsproblemen geworden, die für Spannungen zwischen Besuchern und Einheimischen sorgen.
Hier erfahren Sie, an welchen Reisezielen Touristen nur noch bedingt mit offenen Armen empfangen werden ...
Adaptiert von Barbara Geier
Santorin, Griechenland
Das Dorf Oia auf der griechischen Insel Santorin ist bekannt für seinen atemberaubenden Blick auf das Ägäische Meer, spektakuläre Sonnenuntergänge und die typischen, weiß getünchten Häuser mit blauen Kuppeln. Angesichts 20 Minuten langer Touristenschlangen, die sich alle um ein Foto an der perfekten Stelle drängeln, kann von Idylle allerdings keine Rede mehr sein.
Zu den nur etwa 15.000 Menschen, die auf Santorin leben, kommen jedes Jahr zwei bis drei Millionen Besucher. Das bringt Staus, die Ressourcen werden überlastet und der Alltag ist erheblich gestört. Inzwischen werden Einheimische sogar dazu aufgefordert, zu Hause zu bleiben, um dem Chaos zu entgehen.
Reykjavík und der Golden Circle, Island
Die isländische Hauptstadt Reykjavík sowie die Golden-Circle-Route, eine berühmte Panoramastraße, ziehen inzwischen jedes Jahr Millionen von Touristen an – bei einer Bevölkerung von nur rund 375.000 Menschen im ganzen Land. Die Infrastruktur stößt an ihre Grenzen: Straßen, Müllentsorgung und vor allem die Natur leiden unter dem Ansturm.
Um dem entgegenzuwirken, wurden unter anderem Naturschutzabgaben und Parkgebühren eingeführt. Auch Obergrenzen für Besucherzahlen an Orten wie Þingvellir und dem Wasserfall Gullfoss (siehe Bild), die besonders geschützt werden müssen, sind im Gespräch.
Machu Picchu, Peru
Mit ihren beeindruckenden Überresten des Inkareiches zieht die UNESCO-Welterbestätte Machu Picchu Reisende schon seit langem in ihren Bann. Die schiere Menge an Touristen belastet die empfindliche Umwelt allerdings enorm. Bereits 2008 wurde eine Obergrenze von 2.500 Besuchern pro Tag eingeführt, um die durch den Übertourismus verursachte Umweltzerstörung einzudämmen. Dennoch wurden in letzter Zeit an bestimmten Tagen bis zu 5.600 Besucher zugelassen.
Auch die beliebte viertägige Wanderung, die auf dem Inkapfad über mehrere Bergpässe führt, ist auf 500 Personen pro Tag begrenzt – einschließlich Führern und Trägern, um sowohl die Natur als auch die Gemeinden vor Ort zu entlasten.
Venedig, Italien
Beliebt ist Venedig schon seit langem, aber in den letzten Jahrzehnten hat die Popularität der Lagunenstadt so zugenommen, dass jährlich rund 30 Millionen Menschen anreisen. Etwa 80 Prozent davon sind Tagesausflügler. Dieser Besucheransturm hat die empfindliche Infrastruktur der Stadt stark belastet. Abgesehen von der Überfüllung nehmen die Gebäude Schäden, weil die durch die vielen Boote verursachten Wellen die Fundamente der historischen Gebäude erodieren.
2024 wurde im Rahmen eines Versuchs zur Steuerung der Touristenströme und zur Generierung von Mitteln für Erhaltungsmaßnahmen eine Eintrittsgebühr für Tagesbesucher eingeführt. Diese fällt an Spitzentagen an und in erster Linie an Wochenenden zwischen Ende April und Mitte Juli. Pro Tag waren im vergangenen Jahr fünf Euro fällig, seit Ostern 2025 müssen Besucher das Doppelte zahlen. Auch Gruppen von über 25 Personen sind nicht mehr erlaubt.
Die Gebühr soll auch einen Anreiz für längere Aufenthalte darstellen, anstelle von Kurzbesuchen mit dem damit verbundenen hohen Besucheraufkommen. Tagesausflüglern, die sich der Gebühr entziehen, drohen Geldstrafen von bis zu 300 Euro.
Hallstatt, Österreich
Eine kleine Ortschaft im Salzkammergut hat ebenfalls genug von den Touristen: Hallstatt setzt sich zur Wehr. Dass die malerische Kulisse als Vorlage für den Disneyfilm „Die Eiskönigin“ gedient haben soll, ist nur ein Grund für den regelrechten Ansturm auf das 800-Seelen-Dorf. Wenn in der Hochsaison 10.000 Touristen am Tag ankommen, heißt das für Anwohner: Lärm, Verkehr und Gedränge.
Kein schöner Anblick – aus Sicht der Bewohner. Sie fordern Beschränkungen von Busreisen und weniger Fotospots. 2023 wurde ein beliebter Aussichtspunkt zeitweise sogar mit einer Holzbarriere versperrt, um das Menschenaufkommen einzudämmen.
Cornwall, England, Großbritannien
Die im deutschen Sprachraum vor allem durch Rosamunde-Pilcher-Filme bekannte Küstenregion Cornwall ist in Großbritannien ein beliebtes Familienurlaubsziel. In den Schulferien, die in Großbritannien nicht regional gestaffelt sind, verstopft der Touristenverkehr die Straßen und beliebte Gegenden wie St. Ives und Newquay werden von Menschen überschwemmt.
Unterkünfte sind ein weiteres großes Problem. Immer mehr Kurzzeitvermietungen über Plattformen wie Airbnb lassen die Einheimischen in die Röhre schauen. Viele Häuser, die früher normal vermietet wurden, sind jetzt Ferienunterkünfte. Das Angebot an erschwinglichem Wohnraum ist somit drastisch zurückgegangen.
Galapagosinseln, Ecuador
Mit über 9.000 einzigartigen Tier- und Pflanzenarten – viele davon endemisch – sind die 19 Galapagos-Hauptinseln, die sich über fast 8.000 Kilometer erstrecken, mit keinem anderen Ort der Erde vergleichbar. Der zunehmende Tourismus bedroht aber die Umwelt, einschließlich Erosion und die Einführung invasiver Arten, die das empfindliche Ökosystem angreifen.
Seit 2012 ist die Anzahl der Flüge auf die zu Ecuador gehörenden Inseln begrenzt, um die Besucherzahlen zu steuern. Im August 2024 wurde zum ersten Mal seit 26 Jahren die Eintrittsgebühr für erwachsene ausländische Touristen von knapp 95 Euro auf knapp 190 Euro verdoppelt. Diese Maßnahme dient dem Naturschutz und der Verbesserung der Infrastruktur.
Boracay, Philippinen
Weiße Sandstrände und Ruhe lockten Urlauber ursprünglich auf die kleine Philippinen-Insel Boracay. Der wachsende Tourismus hat inzwischen jedoch zu schweren Umweltschäden geführt. Abfälle und ungeklärte Abwässer sind im Meer gelandet und Müll, einschließlich Glasscherben und Plastik, verunreinigte die einst unberührte Küstenlinie.
Im Jahr 2018 verhängte Präsident Rodrigo Duterte Boracay angesichts der Zustände ein sechsmonatiges Tourismusverbot, um eine dringend benötigte Säuberung zu ermöglichen. Während dieser Zeit waren Hunderte von Geschäften geschlossen und strengere Umweltkontrollen wurden eingeführt. Die Sanierungsmaßnahmen konnten die natürliche Schönheit der Insel wiederherstellen. Nachhaltige Tourismuspraktiken sind allerdings unabdingbar, damit es nicht wieder zu denselben Problemen kommt.
Mallorca, Spanien
Der Deutschen 17. Bundesland Mallorca ist eines der beliebtesten europäischen Urlaubsziele. Die Folgen des Massentourismus wie Überfüllung, steigende Wohnkosten aufgrund von Kurzzeitvermietung und Umweltschäden haben die Stimmung gegenüber den Touristen in der jüngeren Vergangenheit stark verschlechtert. Tausende von Einheimischen nahmen an Protesten teil und forderten nachhaltigere Tourismuspraktiken, strengere Kontrollen von Kurzzeitvermietungen und eine Begrenzung der Besucherzahlen.
Diese Proteste spiegeln die wachsende Frustration über die Auswirkungen des Massentourismus auf die Lebensqualität wider. Die Mallorquiner fühlen sich aus ihren Heimatorten verdrängt und müssen gleichzeitig die Konsequenzen einer überlasteten lokalen Infrastruktur tragen.
Amsterdam, Niederlande
Amsterdam hat genug von unverschämten Touristen und die Einheimischen ärgern sich zunehmend über die mehr als 20 Millionen Urlauber, die ihre Stadt jährlich überschwemmen. Im Jahr 2023 startete die Stadt ihre unverblümte „Stay Away“-Kampagne, die sich vor allem an junge britische Männer richtet, die in Amsterdam über die Stränge schlagen.
Mit eindeutigen Werbespots wird vor übermäßigem Alkohol- und Drogenkonsum gewarnt und darauf hingewiesen, dass hohe Geldstrafen und Verhaftungen drohen. Zudem wurde die Anzahl der Flusskreuzfahrten verringert und in bestimmten Gebieten öffentliches Cannabis-Rauchen verboten.
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Lanzarote, Kanarische Inseln, Spanien
2023 verkündete die Präsidentin der kanarischen Insel Lanzarote eine neue Tourismusstrategie: Der Fokus soll auf „hochwertigeren“ Besuchern liegen sowie auf nachhaltigem Tourismus. Damit möchte man die Abhängigkeit von britischen Touristen verringern, die derzeit etwa die Hälfte der Inselbesucher ausmachen.
Stattdessen sollen Touristen aus Deutschland und anderen Ländern angezogen werden, von denen man annimmt, dass sie mehr Geld ausgeben. Dafür werden bei den Marketingmaßnahmen die Vulkanlandschaften und kulturellen Attraktionen der Insel in den Mittelpunkt gerückt.
Lissabon, Portugal
Fotogene Kopfsteinpflasterstraßen, die kultigen Straßenbahnen: Lissabon ist ein Besuchermagnet. Die Touristenströme belasten die engen Straßen der Stadt allerdings inzwischen so sehr, dass sich die genervten Einheimischen in ihren eigenen Vierteln kaum noch frei bewegen können. Viele finden, dass der Tourismus die kulturellen Sehenswürdigkeiten in Vergnügungsparks verwandelt und traditionelle Geschäfte untergehen.
Als Reaktion darauf haben die städtischen Behörden strengere Regeln vorgeschlagen. Unter anderem soll die Zahl der Tuk-Tuks halbiert werden, in denen sich Touristen durch die Stadt kutschieren lassen. Auch Parkplatzbegrenzungen sind vorgesehen, um die Verkehrsüberlastung zu verringern und den Charakter der Stadt zu erhalten.
Cíes-Inseln, Spanien
Die Cíes-Inseln vor der Küste Galiciens im Nordwesten Spaniens sind für ihre unberührte Landschaft und reiche Tierwelt bekannt und als Reiseziel entsprechend beliebt. Um die empfindlichen Ökosysteme der Inselgruppe vor den Auswirkungen des Übertourismus zu schützen, wurde eine strenge Besucherobergrenze von 1.800 Personen pro Tag eingeführt.
Diese Maßnahme soll die biologische Vielfalt und die natürliche Schönheit der Inseln bewahren und wird sowohl von Touristen als auch den Einheimischen unterstützt. Die Cíes-Inseln bleiben so ein exklusives Ziel und die Natur wird geschützt.
Amalfiküste, Italien
Die Amalfiküste im Süden Italiens verzaubert mit ihren dramatischen Klippen, charmanten Dörfern und kristallklarem Wasser. Der Tourismus ist entscheidend für die lokale Wirtschaft. Die Millionen von Besuchern jedes Jahr sorgen aber inzwischen auch für Spannungen, denn den Einheimischen wird es einfach zu voll.
Die Infrastruktur ist überlastet und die engen Küstenstraßen sind so verstopft, dass für einheimische Pendler der tägliche Weg zur Arbeit erschwert wird. Dazu kommen Lärm, Umweltverschmutzung und steigende Lebenshaltungskosten. Viele Menschen vor Ort sind inzwischen der Meinung, dass der Massentourismus den Charakter ihrer Dörfer verändert, die Wohnungspreise in die Höhe treibt und letztendlich dafür sorgt, dass sich Jüngere ihre Heimat nicht mehr leisten können.
Dubrovnik, Kroatien
Dubrovnik war bereits ein beliebtes Ziel für Kreuzfahrtschiffe, als es zu einem Drehort für die Erfolgsserie „Game of Thrones“ wurde und sich ab dann noch mehr Besucher durch die mittelalterlichen Gassen der Stadt drängten. Die Infrastruktur der kroatischen Stadt macht das nicht mehr mit und die steigenden Lebenshaltungskosten belasten die Einheimischen.
Um dem entgegenzuwirken, gilt in Dubrovnik inzwischen eine Obergrenze von zwei Kreuzfahrtschiffen pro Tag, sodass maximal 5.000 Kreuzfahrtgäste in der Stadt sind. Außerdem wurde ein Echtzeit-Überwachungssystem eingeführt, um die Besucherzahlen in der Altstadt zu kontrollieren und Überfüllung zu vermeiden.
Bali, Indonesien
Für Rucksacktouristen, Surfer und Yogis gilt Bali schon lange als Paradies, doch die enorme Beliebtheit der Insel hat Spuren hinterlassen. Einst eine tropische Oase mit malerischen Landschaften und idyllischen Reisterrassen, schießen heute Luxusvillen und Beachclubs aus dem Boden. Dazu kommen Wasserknappheit, Verkehrsanstieg und eine insgesamt steigende Umweltbelastung.
Eine Reaktion auf den überhandnehmenden Tourismus kam 2023, als die Inselverwaltung neue Verhaltensregeln für Touristen präsentierte. Dazu gehören Verbote für bestimmtes Verhalten an heiligen Stätten, um die balinesische Kultur zu schützen. Zugleich will die Regierung die Abhängigkeit vom Tourismus verringern und investiert verstärkt in alternative Wirtschaftssektoren.
Barcelona, Spanien
Wenn es um Negativauswirkungen von Tourismus geht, steht Barcelona immer wieder in den Schlagzeilen. Das Übermaß an für Airbnb-Zwecke genutzte Wohnungen hat die Mietkosten in die Höhe getrieben und macht es für die Einheimischen immer schwieriger, erschwingliche Wohnungen im Stadtzentrum zu finden. Dazu kommen die vielen Kreuzfahrtschiffe, deren Passagiere die Stadt noch mehr überfüllen und das Alltagsleben stören.
In den letzten Jahren kam es zu immer mehr Bürgerprotesten, da die heimischen Stadtviertel in überfüllte Touristenzentren verwandelt und die Einheimischen verdrängt werden. Damit der Charakter der Stadt nicht noch mehr beschädigt wird, haben die Behörden 2022 damit begonnen, gegen große Reisegruppen vorzugehen und Lärmbeschränkungen durchzusetzen. Weitere Maßnahmen sollen helfen, die Einnahmen aus dem Tourismus besser zugunsten der Menschen vor Ort zu verteilen.
Kyoto, Japan
In der alten japanischen Kaiserstadt Kyoto hat das historische Geisha-Viertel Gion mit dem Problem des Übertourismus zu kämpfen, da viele Touristen Geishas und Privatwohnungen ohne Erlaubnis fotografieren. Seit 2019 gilt in bestimmten Straßen ein deutlich ausgeschildertes Fotografierverbot. Touristen, die gegen diese Regeln verstoßen, müssen mit Geldbußen in Höhe von rund 65 Euro rechnen. So soll sowohl die Privatsphäre der Bewohner als auch die kulturelle Integrität des Viertels gewahrt bleiben.
Florenz, Italien
Auch Florenz hat schwer mit den Folgen des Übertourismus zu kämpfen, der sogar den Status der Renaissance-Stadt als UNESCO-Weltkulturerbe bedroht. Rund 16 Millionen Besucher jährlich setzen die lokale Infrastruktur erheblich unter Druck. Die Mietpreise werden in die Höhe getrieben und traditionelle Geschäfte von Souvenirshops verdrängt.
Ein Hauptproblem ist die Zunahme von Kurzzeitvermietungen über Plattformen wie Airbnb, weil der erschwingliche Wohnraum für Einheimische dadurch immer mehr abnimmt. Im Juni 2023 hat die Stadt daher ein Verbot für neue Kurzzeitvermietungen im historischen Zentrum erlassen, was insbesondere auf Immobilien innerhalb des UNESCO-Schutzgebiets abzielt.
Färöer Inseln, Dänemark
Die dänischen Färöer Inseln sind zwar nicht so überlaufen wie andere Reiseziele, der zunehmende Tourismus hat aber für Umweltschäden gesorgt – insbesondere an beliebten Aussichtspunkten und Wanderwegen. Um dem entgegenzuwirken, haben die Inseln 2019 ein sehr erfolgreiches Programm gestartet, in dessen Rahmen internationale Freiwillige eingeladen sind, bei Instandhaltungsarbeiten zu helfen. Sie bringen beispielsweise Beschilderungen an oder helfen, Wege anzulegen.
Koh Phi Phi Leh, Thailand
Der Maya Beach auf der thailändischen Insel Koh Phi Phi Leh wurde vor inzwischen fast 25 Jahren durch den Film „The Beach“ mit Leonardo DiCaprio schlagartig berühmt. Es folgten Touristenströme mit bis zu 5.000 Menschen und 200 Booten täglich. Das empfindliche Ökosystem hat unter dieser Belastung schwer gelitten: Die Korallenriffe wurden zerstört, die Umweltverschmutzung nahm zu und der Müll häufte sich.
Im Jahr 2018 trafen die thailändischen Behörden die drastische Entscheidung, den Strand zu schließen, damit sich die Umwelt erholen kann. Nach mehr als drei Jahren Restaurierungsarbeiten wurde er im Januar 2022 unter strengen Auflagen wiedereröffnet. Die Zahl der Besucher ist jetzt auf 375 begrenzt, Schwimmen ist verboten und die Boote müssen zum Schutz der Korallenriffe außerhalb des Strandes anlegen.
Schloss Neuschwanstein, Deutschland
Schloss Neuschwanstein zieht jährlich über 1,4 Millionen Besucher an. In der Hochsaison sind es sogar bis zu 6.000 Menschen täglich. Diese Menschenmassen machen dem kleinen bayerischen Ort Hohenschwangau und der umliegenden Infrastruktur schwer zu schaffen. Verkehrsstaus und überfüllte öffentliche Plätze – all das belastet Mensch und Natur.
Die Behörden versuchen, die Touristenströme besser in den Griff zu bekommen. Die Bewältigung eines solch hohen Besucheraufkommens bleibt eine Herausforderung, insbesondere in den geschäftigen Sommermonaten.
North Coast 500, Schottland, Großbritannien
Die North Coast 500 (NC500) hat sich zu einer äußerst beliebten Route durch die schottischen Highlands entwickelt. Mehr Roadtripper, insbesondere solche mit Wohnmobilien, bedeuten aber auch mehr Staus auf engen Straßen, die nicht für diese Art von Verkehr ausgelegt sind. Viele Wohnmobiltouristen sind zudem Selbstversorger, was bedeutet, dass der ansteigende Tourismus örtlichen Unternehmen wie Cafés und Geschäften keinen wirtschaftlichen Nutzen bringt. Weitere Problembereiche sind Parkplätze, öffentliche Toiletten und Abfall, wovon es aufgrund der steigenden Besucherzahlen zu wenig beziehungsweise zu viel gibt. Im Endeffekt leidet die Umwelt.
Als Reaktion darauf wurde ein Wohnmobilpass für umgerechnet rund 48 Euro eingeführt, der den Zugang zu ausgewiesenen Stellplätzen und Einrichtungen ermöglicht. Aber auch das ist kontrovers, da einige örtliche Campingplatzbesitzer befürchten, dass dadurch ihr Geschäft untergraben wird.
Yellowstone-Nationalpark, USA
Der US-amerikanische Yellowstone-Nationalpark zieht jährlich mehr als vier Millionen Besucher an, die dort Wildtiere wie Bisons, Elche, Wölfe und Bären beobachten können. Diese starke menschliche Präsenz kann jedoch die natürlichen Verhaltensweisen der Tiere beeinträchtigen und das Risiko erhöhen, dass sie von Autos angefahren werden. Insgesamt wird der Lebensraum damit sowohl durch Verkehr als auch durch Besucher eingeschränkt, die zu Fuß unterwegs sind.
Der Nationalpark hat daher im Rahmen einer „Leave no Trace“-Kampagne menschenfreie Wildtierkorridore eingerichtet, um die Tiere zu schützen und menschliches Eindringen in ihre natürliche Umgebung zu minimieren.
Rio de Janeiro, Brasilien
Cristo Redentor, die 1931 im Süden von Rio de Janeiro errichtete monumentale Christusstatue, ist eines der bekanntesten Wahrzeichen Südamerikas und zieht jährlich Millionen von Besuchern an. Einige Einheimische sind inzwischen der Meinung, dass der Massentourismus die eigentliche religiöse und kulturelle Bedeutung der Statue zu sehr kommerzialisiert.
Zur Steuerung des Besucherandrangs wurden nun verschiedene Strategien entwickelt. So werden beispielsweise weniger überfüllte alternative Aussichtspunkte wie der Zuckerhut promotet.
Tulum, Mexiko
Der Küstenort Tulum war einst eine beschauliche Enklave auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán. Heute ist es ein Hotspot für wohlhabende Reisende, die von den herrlichen Stränden, dem Nachtleben und den schicken Öko-Resorts angezogen werden.
Die damit einhergehende Kommerzialisierung wird von den Einheimischen kritisch gesehen. Sie befürchten, dass ihre Kultur und Traditionen rein für den touristischen Konsum missbraucht werden. So wird die authentische mexikanische Küche oft für internationale Geschmäcker angepasst und traditionelle Zeremonien dienen rein der touristischen Unterhaltung. Dies hat zu Debatten über den Verlust kultureller Authentizität geführt, da Tulum zunehmend zu einem Spielplatz für Luxusurlauber wird und das lokale Erbe in den Hintergrund tritt.
Grand Canyon, Arizona, USA
Der Grand Canyon ist einer der beliebtesten amerikanischen Nationalparks. Die mehr als fünf Millionen Besucher pro Jahr belasten seine Infrastruktur aber erheblich. Die Wanderwege haben Schaden genommen und die Luft ist verschmutzt, was durch nahe gelegenen Städte noch verstärkt wird. Auch die empfindlichen Ökosysteme des Parks sind bedroht. Der Bau des Glen-Canyon-Damms hat den natürlichen Wasserfluss unterbrochen, wodurch das Leben im Wasser geschädigt wurde. Stattdessen gedeihen invasive Arten.
Die Parkverwaltung versucht, die Probleme mit verschiedenen Maßnahmen anzugehen. Dazu gehören die Einschränkung von Bauarbeiten in der Nähe der Schluchtränder, die Einrichtung von Flugverbotszonen zur Verringerung der Lärmbelästigung und ein integriertes Schädlingsmanagement zur Bekämpfung invasiver Arten.
Antarktis
In der Antarktis gibt es keine Städte. Nur die wissenschaftlichen Forschungsstationen und der Tourismus sorgen für menschliche Präsenz. Wer die Antarktis besuchen möchte, ist in erster Linie auf Kreuzfahrtschiffe angewiesen. Probleme wie auslaufender Treibstoff, die Abfallentsorgung und Umweltverschmutzung bereiten zunehmend Anlass zur Sorge.
Das kalte Klima der Region bringt mit sich, dass es im Vergleich zu anderen Teilen der Welt viel länger dauert, bis sich beschädigte Lebensräume wieder erholen. Da der Tourismus in den letzten Jahren stark zugenommen hat, werden diese Risiken noch verstärkt. Laut einer aktuellen Studie von Forschenden auf der nördlichen Antarktischen Halbinsel, die im Fachjournal „Science Advances“ veröffentlicht wurde, tragen zudem auch die von den Kreuzfahrtschiffen ausgestoßenen Rußpartikel zu einem verstärkten Abschmelzen des antarktischen Eises bei. Wenn sich schwarze Kohlenstoff-Partikel auf dem Eis ablegen, wird mehr Sonnenlicht absorbiert und das Eis schmilzt schneller.
Chefchaouen, Marokko
Chefchaouen, bekannt als Marokkos „Blaue Perle“, ist dank ihrer blau getünchten Gebäude und malerischen Gassen zu einer Instagram-Berühmtheit geworden. 2018 wurde die nordmarokkanische Stadt von dem amerikanischen Reiseführerverlag „Fodor’s“ in einer Liste der „10 Orte, die Instagram ruiniert hat“ aufgeführt. Zu dem Zeitpunkt gab es 250.000 Posts mit dem Tag #Chefchaouen.
Einige Einheimische nutzen die Popularität und vermieten ihre Häuser als Touristenattraktionen. Die steigenden Besucherzahlen haben aber auch die Lebenshaltungskosten in die Höhe getrieben und belasten die Abfallentsorgung, Wasserversorgung und das lokale Transportsystem.
Sansibar, Tansania
Die zu Tansania gehörende und von der Suaheli-Kultur geprägte Insel Sansibar hat sich dank ihrer schönen Strände und interessanten Geschichte zu einem der beliebtesten afrikanischen Reiseziele entwickelt. Die Wirtschaft in der lebendigen Hauptstadt Stone Town hat besonders vom Tourismus profitiert. Dieses Wachstum zahlt sich aber nicht für alle Einwohner gleichermaßen aus: Der Tourismus schafft zwar Arbeitsplätze, doch viele der besser bezahlten Stellen, vor allem im Management, gehen häufig an Menschen vom tansanischen Festland. Für die Einheimische bleiben weniger Möglichkeiten.
Diese Dynamik hat zu steigenden Kosten und Ungleichheiten innerhalb der Bevölkerung beigetragen und die Menschen in Sansibar können nicht in vollem Umfang von der boomenden Industrie profitieren.
Pyramiden von Gizeh, Ägypten
Die ägyptischen Pyramiden von Gizeh gehören zu den bekanntesten historischen Wahrzeichen der Welt. Millionen von Besuchern möchten die gewaltigen Bauten jährlich sehen. Das bringt eine ganz Reihe von Problemen mit sich wie Überfüllung, strukturelle Schäden durch die ständige menschliche Präsenz und Umweltverschmutzung durch den Verkehr.
Touristen beschweren sich häufig über aggressive Verkäufer und den allgegenwärtigen Kommerz rund um die Pyramiden. Trotz ständiger Bemühungen, die Stätte zu erhalten, macht es die schiere Menge an Besuchern schwierig, die uralten Bauwerke vollständig vor den Angriffen des Massentourismus zu schützen.
Masai Mara, Kenia
Die pastorale Lebensweise der Massai, die in Kenia vor allem in dem Naturschutzgebiet Masai Marai beheimatet sind, fasziniert Besucher aus aller Welt. Für viele Massai-Gemeinschaften ist der Tourismus zu einer wichtigen wirtschaftlichen Lebensader geworden. Das bringt jedoch auch Probleme mit sich. Traditionelle Praktiken werden angepasst oder dienen rein der Unterhaltung der Touristen. Die Kultur der Massai wird somit kommerzialisiert.
Viele befürchten, dass lang gehegte Traditionen durch äußere Einflüsse insbesondere für jüngere Generationen an Bedeutung verlieren. Daher wird der Fokus jetzt mehr auf einen verantwortungsvollen Tourismus gelegt – mit Initiativen, die aus der Mitte der Massai kommen und den Menschen die Kontrolle geben, wie ihre Kultur weitergegeben wird. So sollen sie direkt vom Tourismus profitieren und gleichzeitig ihr Erbe bewahren können.
Bhutan
Bhutan, das weltweit einzige Land mit einer negativen CO2-Bilanz, setzt seit langem auf ein nachhaltiges Tourismusmodell: Um die Umwelt und die Kultur des Landes zu schützen, müssen Besucher eine Gebühr für die nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Fee) entrichten.
Diese wurde 2023 von rund 188 Euro auf etwa 94 Euro gesenkt, um den Tourismus nach der Pandemie anzukurbeln. Mit den Einnahmen werden wichtige Projekte für die Gesundheitsversorgung, Bildung und den Naturschutz finanziert.
Hoi An, Vietnam
Das charmante Städtchen Hoi An, einst ein ruhiger Ort am Fluss Thu Bon mit laternenbehangenen Gassen und gut erhaltenen Altbauten, erlebt derzeit einen Tourismusboom. Die Altstadt gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und hat mit Überfüllung, Kommerzialisierung und steigenden Lebenshaltungskosten zu kämpfen.
Es trifft vor allem traditionelle Geschäfte und Lokale, die immer häufiger durch Souvenirläden und hippe Cafés ersetzt werden. In der Bevölkerung wächst die Sorge um den Verlust kultureller Identität. Die Behörden versuchen gegenzusteuern – etwa mit Besucherlenkung und einem Ticketsystem für den Stadtkern.
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