Das Wattenmeer und andere Ökosysteme, die es bald nicht mehr geben könnte
Diese Naturwunder schweben in Gefahr
Überall auf der Welt ist die Natur zunehmend gefährdet, vom Wattenmeer der Nordsee bis hin zum Amazonas-Regenwald. Sei es durch Klimawandel, Umweltverschmutzung oder menschliche Zerstörungswut, die folgenden bezaubernden Ökosysteme und ihre Artenvielfalt stehen vor einer ungewissen Zukunft...
Kahuzi-Biega-Nationalpark, Demokratische Republik Kongo
Kahuzi-Biega-Nationalpark, Demokratische Republik Kongo
Vatnajökull, Island
Der größte Gletscher Europas befindet sich im Vatnajökull-Nationalpark, einem spektakulären Schutzgebiet im Südwesten Islands. Früher erstreckte sich das UNESCO-Weltnaturerbe noch über mehr als ein Zehntel des Landes, heute sind es nur noch acht Prozent. Der rund 8.100 Quadratkilometer große Gletscher schrumpft durch den Klimawandel rapide. Forscher gehen davon aus, dass jedes Jahr eine knapp drei Fußballfelder große Eisfläche verloren geht.
Kilimandscharo, Tansania
Die Gletscher am Gipfel von Afrikas höchstem Berg schrumpfen ebenfalls – einer davon zog sich zwischen 2000 und 2009 um fünf Meter zurück. Und auch das Eis der anderen geht verloren. Die Veränderungen hängen vermutlich mit dem Temperaturanstieg im Indischen Ozean zusammen, der das Klima und die Winde um den Berg beeinflusst. Experten gehen davon aus, dass die nördlichen Gletscher des Kilimandscharo 2030 vollständig verschwunden sein könnten.
Bears Ears National Monument, Utah, USA
Victoriafälle, Sambia und Simbabwe
Victoriafälle, Sambia und Simbabwe
Offiziellen Angaben aus Simbabwe zufolge wird der niedrige Wasserstand immer häufiger, so dass die Victoriafälle 2019 nur noch die Hälfte ihrer normalen Wassermassen fassten (hier ein Bild von Ende 2019). Zwar füllte sich der Wasserfall nach Regenfällen am oberen Flusslauf des Sambesi nach einigen Wochen wieder, doch war der Wasserstand immer noch niedriger als in den Vorjahren. Die klimatischen Veränderungen um das afrikanische Naturwunder werden auf Dauer weitreichende Folgen sowohl auf das Ökosystem als auch die lokale Wirtschaft haben.
Joshua-Tree-Nationalpark, Kalifornien, USA
Die einmaligen Josuabäume, die dem kalifornischen Joshua-Tree-Nationalpark seinen Namen verleihen, wachsen seit Jahrtausenden in der Mojave-Wüste. Doch seit sich der Planet immer schneller erwärmt, sterben die Palmlilien ab. Nur wenige Baumarten können überhaupt dem heiß-trockenen Wüstenklima standhalten, was den kaktusartigen Josuabäumen bisher eigentlich nichts ausmachte.
Joshua-Tree-Nationalpark, Kalifornien, USA
Great Barrier Reef, Australien
2022 erlebte das Great Barrier Reef, der größte lebende Organismus der Welt, seine vierte Massenkorallenbleiche in sechs Jahren. Der Klimawandel und die damit verbundene Erderwärmung ist die größte Bedrohung für das fragile Ökosystem. Wärmere Wassertemperaturen verursachen häufiger den Ausbruch von Infektionskrankheiten, versauern die Meere und zerstören letztendlich die Korallen. Als ob das nicht bereits genug wäre, gefährdet auch die Zunahme von tropischen Wirbelstürmen das Weltnaturerbe.
Salar de Uyuni, Bolivien
Salar de Uyuni, Bolivien
Halong-Bucht, Vietnam
Halong-Bucht, Vietnam
Seit der Eröffnung des Flughafens von Van Don Ende 2018 in der Nähe von Halong pilgern mehr Touristen zu der fotogenen, doch sehr fragilen Landschaft. Zuvor war die Bucht nur durch eine lange Fahrt von Hanoi aus zu erreichen. Das Hauptproblem sind die vielen Ausflugsboote, die viel Müll hinterlassen und deren Kraftstoff das Wasser verschmutzt. Hinzu kommt, dass das Kalksteinplateau, auf dem sich die Bucht befindet, langsam sinkt.
Regenwald von Neuguinea
Regenwald von Neuguinea
Everglades-Nationalpark, Florida, USA
Everglades-Nationalpark, Florida, USA
Seit 2010 steht der Everglades-Nationalpark auf der roten Liste des gefährdeten Welterbes, nachdem die UNESCO einen erheblichen Rückgang der Artenvielfalt festgestellt hatte. Zudem bedrohen invasive Arten die Mangroven, die sich sowieso schon wegen des steigenden Meeresspiegels zurückziehen. Nach einer Analyse der Florida International University wird das Feuchtgebiet vermutlich innerhalb der nächsten 30 Jahre vom Meer überflutet werden. Nun wird daran gearbeitet, den Wasserhaushalt und die -qualität wiederherzustellen.
Glacier-Nationalpark, Montana, USA
Glacier-Nationalpark, Montana, USA
Der Rückzug der Gletscher wird sich voraussichtlich weiter fortsetzen. Einer Prognose von 2003 zufolge werden zwei der größten Gletscher des Glacier-Nationalparks bis 2030 verschwunden sein. Das bedeutet, dass sich tiefere Seen durch das schmelzende Eis bilden werden, was einen enormen Einfluss auf das restliche Ökosystem hat. Zwei endemische Insektenarten, die Westliche Gletschersteinfliege und die Schmelzwasser-Lednian-Steinfliege, die von den Schneefeldern abhängen, stehen nun unter besonderem Schutz.
Regenwald von Madagaskar
Regenwald von Madagaskar
Hier sind die Überreste einer Brandrodung im Südwesten Madagaskars zu sehen, wo der Regenwald dem Anbau von Reisfeldern weichen musste. Berichten des WWF zufolge sind auf Madagaskar heute nur noch weniger als zehn Prozent der ursprünglichen Waldfläche vorhanden. Die Bäume werden durch Viehzucht und Landwirtschaft ersetzt und werden zum Teil illegal gefällt. Zehn Lemurenarten sind heute vom Aussterben bedroht, sieben gelten als stark gefährdet und 19 als gefährdet. Chamäleons, Geckos und Schlangen sind ebenfalls durch Wilderei bedroht.
Sundarbans-Schutzgebiet, Indien und Bangladesch
Sundarbans-Schutzgebiet, Indien und Bangladesch
Tusheti-Nationalpark, Georgien
Tusheti, auf Deutsch auch Tuschetien genannt, ist eine spektakuläre Bergregion im Nordosten Georgiens und eine der letzten unberührten Ecken Europas. Im gleichnamigen Nationalpark leben Bären und seltene Arten wie das Kaukasus-Birkhuhn und der Ostkaukasische Steinbock. Die Tiere, die atemberaubende Landschaft und die kaukasische Kultur der Dorfgemeinden könnten sich durch den Bau einer neuen Straße jedoch für immer verändern. Das umstrittene Projekt muss noch abgesegnet werden, wird es aber umgesetzt, so ist das Ökosystem durch die kommerzielle Erschließung der Gegend in Gefahr.
Monarchfalter-Biosphärenreservat, Mexiko
Wenn die Monarchfalter im Winter in Massen in den Süden ziehen, bietet sich rund um die Tannen- und Kiefernwälder des Biosphärenreservats Mariposa Monarca in Mexiko ein fantastisches Naturschauspiel. Das Schutzgebiet in der Nähe von Mexiko-Stadt ist der einzige Ort auf der Welt, an dem Millionen Exemplare der amerikanischen Schmetterlingsart an einem Ort zu sehen sind. Jedoch wirken sich die Rodung der Wälder um das Reservat, die Veränderung des Lebensraums entlang der Migrationsroute und der Klimawandel negativ auf die Anzahl der Falter aus.
Jurassic Coast, Devon und Dorset, England
Der 153 Kilometer lange Küstenabschnitt Jurassic Coast in Südengland zählt zu den spektakulärsten Naturwundern Großbritanniens. Die außergewöhnlichen Felsformationen, einsamen Buchten und herrlichen Strände der Juraküste sind Zeugnisse aus 185 Millionen Jahren Erdgeschichte. Felsformationen wie Old Harry Rocks und Durdle Door wurden durch die Küstenerosion geprägt. Nun aber könnte sich ihr Erscheinungsbild in Rekordzeit verändern, wenn die Winter feuchter werden, der Meeresspiegel steigt und heftige Stürme zunehmen.
Jurassic Coast, Devon und Dorset, England
Wattenmeer, Deutschland, Niederlande und Dänemark
Die Nordsee beherbergt das größte Wattenmeer der Welt. Es erstreckt sich von Dänemark über Norddeutschland bis in den Nordwesten der Niederlande über etwa 500 Kilometer Küste und eine Fläche von knapp 14.900 Quadratkilometern. Der einzigartige Lebensraum zählt nicht zuletzt auch wegen seiner einmaligen Artenvielfalt zum Naturerbe der UNESCO. Doch ist das Ökosystem zahlreichen Gefahren ausgesetzt. So gehören der Klimawandel, die Fischerei, die Schifffahrt, die Industrie und der Tourismus zu den größten Bedrohungen.
Wattenmeer, Deutschland, Niederlande und Dänemark
Die scheinbar endlosen Salzwiesen, Dünenlandschaften und Schlickflächen, die je nach Gezeiten anders aussehen, sind ein Paradies für Robben sowie zahlreiche Zug- und Küstenvögel. Und auch der Mensch ist seit Jahrhunderten auf den Halligen und Inseln im Watt zu Hause. Doch verändert sich die bezaubernde Landschaft, denn das Meer dringt immer weiter vor (hier im Bild ist die Erosion an der niederländischen Küste zu sehen). Mit zunehmender Erderwärmung und dem Anstieg des Meeresspiegels werden Überschwemmungen häufiger und auch die Stürme an der Nordsee extremer. Wie das Wattenmeer diese Veränderungen verkraften wird, ist ungewiss.
Totes Meer, Israel und Jordanien
Das Tote Meer zwischen Jordanien und Israel ist eines der salzigsten Gewässer der Erde. Doch sinkt der Wasserpegel des Sees und es entstehen immer häufiger Dolinen. Der Wasserstand wird voraussichtlich weiter um etwa einen Meter pro Jahr sinken. Vor etwa 50 Jahren umfasste das Tote Meer noch etwa 1.000 Quadratkilometer, eine Fläche, die seit Beginn der Datenerhebung Anfang des 18. Jahrhunderts weitgehend gleich geblieben war. Nun ist es aber auf rund 670 Quadratkilometer geschrumpft.
Totes Meer, Israel und Jordanien
Amazonas-Regenwald, Brasilien
Amazonas-Regenwald, Brasilien
Der Amazonas-Regenwald zählt zu den wichtigsten Schutzschilden gegen die Klimakrise. Allein in den vergangenen 50 Jahren hat die Natur hier jedoch mindestens 17 Prozent an Fläche verloren. Der Mensch dringt immer tiefer in die Wälder ein, etwa um Landwirtschaft zu betreiben, aber auch zum Bau von Infrastruktur. Dieses Bild zeigt einen abgeholzten Teil des Regenwaldes, der nun für Ackerbau und Viehzucht genutzt wird. Als 2019 weite Teile des Amazonas in Flammen standen, steckte abermals der Mensch hinter der Katastrophe. Viele der Feuer waren gelegt worden, um den Wald für die Landwirtschaft zu roden.
Long Mynd, Shropshire, England
Jedes Jahr von Ende August bis Mitte September leuchten die Hügel im westenglischen Shropshire violett. Das Heidekraut von Long Mynd ist ein besonderer Anblick, doch machen sich die klimatischen Veränderungen auch in Großbritannien bemerkbar. 2019 schlug der für das Schutzgebiet zuständige National Trust Alarm, weil sich 75 Prozent der Heide in keinem guten Zustand befanden. Der Sommer war zu trocken, hinzu kam eine Invasion von Heidekäfern durch einen sehr milden Winter. Auch andere Heidegebiete in England waren davon betroffen.
Old Faithful, Yellowstone-Nationalpark, USA
Seit Hunderten von Jahren stößt der wohl bekannteste Geysir der Welt seine Wasserfontänen aus – etwa bis zu 34.000 Liter alle 90 Minuten lang. Das zieht jede Menge Schaulustige und Touristen zur heißen Quelle „Old Faithful“. Damit könnte bald aber Schluss sein. So wie vor 800 Jahren schon einmal, als eine Megadürre den Geysir für 130 Jahre verstummen ließ. Laut einer im Fachmagazin „Science“ veröffentlichten Studie könnte dies im Jahr 2100 soweit sein, sollten die Temperaturen im Yelloswtone-Nationalpark um 5,6 Grad steigen.
General Sherman, Sequoia-Nationalpark, Kalifornien, USA
Der gigantischste Mammutbaum der Erde im kalifornischen Sequoia-Nationalpark ist in Gefahr. Der riesige General Sherman ist fast 84 Meter hoch, hat einem Durchmesser von elf Metern und ist 1.900 bis 2.500 Jahre alt. Während seiner bereits langen Lebenszeit auf diesem Planeten hat er schon so einigen Widrigkeiten getrotzt.
General Sherman, Sequoia-Nationalpark, Kalifornien, USA
Auch Brände sind dem uralten Baum nicht fremd. Einige von den vielen Feuern wurden im Giant Forest – wie die Heimat des General Sherman und der anderen Mammutbäume heißt – sogar absichtlich gelegt, damit die Baumzapfen sich öffnen und die Samen für die nächste Generation freisetzen. Die Waldbrände in Kalifornien im September 2021 brannten jedoch heißer, höher und intensiver als je zuvor. Dank der Schutzfolie, in die der General Sherman vorsichthalber gewickelt wurde, hat der Mammutbaum überlebt. Vorerst. Sollte die Häufigkeit und Zerstörungskraft von Waldbränden aufgrund der Klimakrise weiter ansteigen, ist es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis auch dieser Riese stirbt.
Lake Powell, Arizona und Utah, USA
Der Lake Powell liegt im Grenzgebiet zwischen Arizona und Utah und wurde 1963 als Wasserspeicher angelegt. Sieben Bundesstaaten versorgt der zweitgrößte Stausee der USA mit Wasser. Der Klimawandel, die damit verbundene Hitze und die Niederschlagsarmut lassen den Wasserpegel stetig sinken. Im Mai 2022 fiel das Speichervolumen sogar auf ein Viertel seiner Kapazität und somit auf den niedrigsten Stand seit seiner Befüllung ab.
Langlebige Kiefern, Death-Valley-Nationalpark, Kalifornien, USA
Langlebige Kiefern zählen nicht nur zu den ältesten Bäumen, sondern auch zu den ältesten Lebewesen der Welt. Meist sind sie in sehr hohen und eher lebensfeindlichen Gegenden zu finden. Wie zum Beispiel auf dem höchsten Punkt des Death Valley National Park, wo Exemplare zu bewundern sind, die mehrere Tausend Jahre überdauert haben. Die kurze Wachstumsperiode im Jahr, ihr tiefgreifendes Wurzelsystem und das harzreiche Holz machen die Bäume extrem widerstandfähig und fast schon resistent gegen Krankheiten. Und trotzdem könnten diese uralten Kiefern bald aussterben. Die extreme Trockenheit im Westen der USA hat sie so geschwächt, dass nun der Borkenkäfer, der ihnen früher nichts anhaben konnte, heute eine große Bedrohung darstellt.
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