Gerettet! Diese Tierarten wurden vor dem Aussterben bewahrt
Gerade noch mal gut gegangen
Massenaussterben – so heißen die Phasen in der Erdgeschichte, in der Tierarten – meist durch große Umweltveränderungen – wahllos ausgelöscht werden. Laut dem Weltbiodiversitätsrat IPBES werden in den nächsten Jahrzehnten eine Million Arten vor dem Aussterben bedroht sein – aufgrund von menschengemachtem Klimawandel, Umweltverschmutzung oder massiven Waldrodungen. Keine gute Zeit für Artenschützer. Trotzdem starten immer mehr Programme, um bedrohte Spezies zu retten und sie an die Orte zurückzubringen, die einst ihr Zuhause waren. Die folgenden Tiere konnten bereits erfolgreich in ihren früheren Lebensräumen wieder angesiedelt werden …
Grauwolf, Europa
In Europa war der Grauwolf – oder auch Eurasische Wolf – ganz lange Zeit der am weitesten verbreitete Landräuber und stand wegen fehlender Fressfeinde an der Spitze der Nahrungskette. Dann kam der Mensch. Er verdrängte das eigentlich harmlose Raubtier nicht nur aus seinem Lebensraum, sondern machte unermüdlich Jagd auf ihn. So wurde in Deutschland der letzte freilebende Wolf 1904 erschossen. Mittlerweile haben sich die unter Artenschutz stehenden Tiere hierzulande wieder angesiedelt. Rund 161 Wolfsfamilien haben Deutschland zu ihrem Lebensraum gemacht. Und werden prompt erneut zur Zielscheibe illegaler Jäger, die Angst um Wild- und Nutztiere haben.
Grauwolf, USA
Dass eine Wolfspopulation aber auch zur Regenerierung eines Ökosystems beitragen kann, zeigt die Wiederansiedlung des Beutegreifers im US-amerikanischen Yellowstone-Nationalpark. Dort war der Grauwolf in den 1930er-Jahren gnadenlos ausgerottet worden. Zur Freude der dort heimischen Wapitis, die nun ungestört ganze Landstriche kahl grasen konnten. Zwischen 1995 und 1997 wilderten Artenschützer insgesamt 31 kanadische Grauwölfe im Park aus. Die einen guten Job zu machen scheinen. Dank ihnen ist die Großwildpopulation wieder unter Kontrolle, junge Bäume haben wieder Wachstumschancen und selbst Biber, die aufgrund fehlender Vegetation das Weite suchten, fühlen sich im Gebiet wieder sehr wohl.
Europäischer Wisent, Europa
Der kleinere Artgenosse des nordamerikanischen Bisons lebte bis zum Mittelalter in den europäischen Urwäldern. Dort galt das Tier aber Anfang des 20. Jahrhunderts aufgrund von Jagd und schwindendem Lebensraum als ausgestorben. Dank der Wiederansiedlung von Wisenten im Rahmen von Erhaltungsprogrammen sind die größten Landsäuger Europas jedoch auf unserem Kontinent wieder zu sehen. Die rund 7.000 freilebenden Wildrinder stammen alle von zwölf Tieren aus Zoos und Tiergehegen ab. Vor rund zehn Jahren wurde auch eine kleine Herde im Rothaargebirge ausgewildert.
Europäischer Wisent, Großbritannien
Ein seltenes Beispiel für die Ansiedlung einer nicht endemischen Art, sind die Wisente im englischen Kent. Bis vor 2022 hatte noch keines dieser europäischen Wildrinder einen Huf auf britischen Boden gesetzt. Artenschützer halten sie aber als geeigneten Ersatz für die weltweit ausgestorbenen Waldwisente, die während der letzten Eiszeit die Insel durchstreiften. Im Juli verließen die ersten drei Wisente ihre Koppel im Wildwood Wildlife Park in Richtung Freiheit. Zu ihnen gesellte sich schon bald ein junger Bulle aus Deutschland. Er soll für den künftigen Wisent-Babyboom auf der Insel sorgen.
Gepard, Indien
Seit mehr als 70 Jahren gilt das schnellste Landtier der Welt in Indien als ausgestorben. Die drei letzten asiatischen Geparde soll ein Maharadscha 1948 erschossen haben. Im September 2022 machten sich acht afrikanische Tiere auf die elfstündige Reise von Namibia in den indischen Kuno-Nationalpark – in einer gecharterten Boeing 747 mit dem Spitznamen „Katzenflugzeug“. Zwölf weitere Geparde aus Südafrika sollen folgen.
Gepard, Indien
Die Raubtiere wurden vom indischen Premierminister Narendra Modi höchstpersönlich an seinem 72. Geburtstag willkommen geheißen. Umstritten ist die Ansiedlung allerdings nicht. Kritiker befürchten, dass sich die Tiere aus der afrikanischen Sub-Sahara nicht, oder nur schwer, an den natürlichen Lebensraum in Indien gewöhnen könnten, während andere auf potenziell tödliche Zusammenstöße mit einheimischen Leoparden hinweisen.
Arabische Oryxantilope, Naher Osten
Die Arabische Oryxantilope, die in den Wüsten und Halbwüsten Westasiens beheimatet war, stand kurz vor der Ausrottung. In den 1960er-Jahren wurde die Population auf gerade einmal 200 Tiere geschätzt. Die letzte weiße Antilope fiel 1972 einem Wilderer zum Opfer. Glücklicherweise startete zwei Jahre zuvor die Operation Oryx. Das weltweite und umfangreiche Erhatungszucht-Programm erstreckt sich über zwölf Zeitzonen und hat in den vergangenen 70 Jahren Maßstäbe für den internationalen Naturschutz gesetzt. Hierzu wurde eine sogenannte „Weltherde“ aus neun arabischen Oryxantilopen aus dem Jemen, Saudi-Arabien, Kuwait und dem Londoner Zoo zum Phoenix-Zoo in Arizona gebracht.
Arabische Oryxantilope, Naher Osten
Nur ein Jahrzehnt später konnten wieder weiße Antilopen in die freie Wildbahn entlassen werden. In Oman ist die Oryxantilope ein verehrtes Symbol, und das Land begrüßte die Tiere 1982 mit kontrollierten Auswilderungen. Saudi-Arabien, Israel, Jordanien, Syrien und die Vereinigten Arabischen Emirate folgten diesem Beispiel. Im Jahr 2011 konnte die Oryxantilope von „stark gefährdet“ auf „gefährdet“ herabgestuft werden.
Bartgeier, Alpen
Er zählt zu den Giganten der Lüfte und wurde als „Lämmergeier“, der angeblich auch Nutztiere und kleine Kinder davonschleppt, von den Menschen gefürchtet. So sehr, dass der Raubvogel zu Beginn des 20. Jahrhunderts im gesamten Alpenraum ausgerottet war. Dies allerdings hinterließ ein großes Loch im alpinen Ökosystem. Bartgeier, die sich ausschließlich von Aas ernähren und deswegen auch als „Müllabfuhr der Natur“ bezeichnet werden, beseitigen Tierkadaver und dämmen so unter anderem die Ausbreitung von Krankheiten ein.
Bartgeier, Alpen
Mitte der 1980er-Jahre startete Österreich mit einem Zucht- und Auswilderungsprogramm, das bis heute in mehreren europäischen Ländern wie der Schweiz, Italien, Deutschland und Frankreich fortgeführt wird. 1997 wurde das erste Bartgeierküken seit mehr als einem Jahrhundert wieder in freier Wildbahn geboren. Heute kreisen mehr als 300 Vögel (darunter 60 Brutpaare) um die Alpengipfel.
Eurasischer Luchs, Mitteleuropa
Diese mittelgroße Raubkatze, die früher von den schottischen Wäldern bis hin zu den zentralen Steppen Asiens eine Heimat fand, war seit Beginn des 19. Jahrhunderts in weiten Teilen Europas ausgerottet. Nur eine kleine Anzahl an Tieren hat die Verfolgung durch die Menschen überlebt. Seit den 1970er-Jahren konnten sich Populationen in Frankreich, der Schweiz, Slowenien, Kroatien, Tschechien, Italien, Deutschland und Österreich wieder erfolgreich ansiedeln.
Eurasischer Luchs, Deutschland
In Deutschland streifen mittlerweile rund 130 ausgewachsene Luchse sowie auch viele Jungtiere durch die Wälder. Hauptsächlich im Harz, im Fichtelgebirge sowie im Bayerischen Wald. Allerdings stößt die Wiederansiedlung auf Probleme. Und das nicht nur, weil es heutzutage kaum noch Waldgebiete gibt, die nicht von Straßen oder Siedlungen durchschnitten sind. Im Gegensatz zum Wolf ist eine Rückkehr des Luchses in alte Verbreitungsgebiete vom Wohlwollen der Menschen abhängig. Allerdings fallen viele dieser Raubkatzen noch immer Wilderern zum Opfer. Auch aus diesem Grund steht das „Pinselohr“ auf der roten Liste des Bundesamts für Naturschutz und gilt hierzulande als „stark gefährdet“.
Tasmanischer Teufel, Australisches Festland
Es wird wohl niemanden verwundern, dass der Tasmanische Teufel auf der Insel Tasmanien beheimatet ist. Nur die wenigsten wissen aber, dass der Raubbeutler bis vor rund 3.000 Jahren auch noch auf dem australischen Festland lebte. Die Beutelteufel sind bekannt für ihr unberechenbares Temperament, ihre schrillen Schreie und ihre auffälligen Reißzähne, mit denen sie Kadaver in Minutenschnelle ähnlich wie Piranhas zerlegen können. Der Bestand der Tiere auf der Insel ist seit den 1990er-Jahren aufgrund einer ansteckenden Form von Maulkrebs um 90 Prozent zurückgegangen. Die Wiederansiedlung einer gesunden Population auf dem Festland könnte dazu beitragen, die umkämpfte Art zu stärken.
Tasmanischer Teufel, Australisches Festland
Im Oktober 2020 wilderten australische Artenschützer 28 gesunde Raubbeutler in einem Wildpark nördlich von Sydney aus – in der Hoffnung, eine eigenständige Population auf dem Festland entstehen zu lassen. Mit Erfolg. Bisher erblickten dort neun kleine Tasmanische Teufel das Licht der Welt. Man geht davon aus, dass die Wiederansiedlung eines einheimischen Raubtiers dazu beitragen könnte, das Gleichgewicht in den einzigartigen Ökosystemen des Landes wiederherzustellen. Nicht-einheimische Wildtiere haben die Artenvielfalt Australiens über Jahrhunderte hinweg stark beeinträchtigt.
Przewalski-Pferd, China und Mongolei
Dieses kleine, etwas gedrungene und ponyähnliche Tier gilt als die einzige Wildpferderasse, die bis heute überlebt hat. Dabei drohte dem als „P-Pferd“ bekannte Przewalski-Pferd (ausgesprochen "sche-val-skie") noch in den 1960er-Jahren die totale Ausrottung. Seit den 1970er-Jahren waren die unzähmbaren Fluchttiere hauptsächlich in europäischen Zoos und Reservaten zu sehen.
Przewalski-Pferd, China und Mongolei
Und genau das rettete das Überleben des „Equus ferus przewalskii“. Da es weltweit nur zwölf Zuchttiere gab, dauerte es einige Zeit, bis die Art durch Zuchtprogramme vor der Ausrottung bewahrt werden konnte. Erst in den 1990er-Jahren trauten sich Artenschützer, die Huftiere in die freie Wildbahn zu entlassen. Die ersten 16 Przewalski-Pferde kamen 1992 im Hustai-Nationalpark in der Mongolei an. Drei Jahrzehnte und viele weitere Auswilderungen später grasen sich Hunderte von Pferden durch die Ebenen der Mongolei und Nordwestchinas. Sie wurden auf der Roten Liste der Organisation IUCN von „in freier Wildbahn ausgestorben“ auf „bedroht“ hochgestuft.
Europäischer Biber, Europa
Dieses Nagetier mit großen Vorderzähnen, dichtem Fell und einem breiten Schlappschwanz war im 19. Jahrhundert in Europa fast gänzlich ausgerottet. Sein Fell wurde zu Pelz verarbeitet, das Fleisch gegessen und sein geschätztes Drüsensekret namens „Castoreum“ in Parfüms, Medikamenten und Aromastoffen verwendet. Der letzte Biber hierzulande soll 1867 in Bayern erlegt worden sein. Dank Tierschützern, die seit den 1960er-Jahren Tiere aus Russland und Skandinavien wieder in ihrer deutschen Urheimat auswilderten, hat sich die Biberpopulation hier auf rund 40.000 Exemplare erholt. Trotzdem gilt das nützliche Nagetier als bedroht.
Europäischer Biber, Großbritannien
Derzeit gibt es etwa 200 Projekte in ganz Europa zur Wiederherstellung der Biberpopulationen. So auch in Großbritannien. 2009 wurde im schottischen Knapdale Forest ein Biberpaar aus Norwegen erfolgreich ausgewildert. Innerhalb eines Jahres wurden vier Jungtiere geboren. Seitdem wurden weitere Tiere in die Freiheit entlassen. Zum Beispiel im Exmoor-Nationalpark oder im Black Down Estate an der englischen Südküste. Mit der Wiederansiedlung der Biber will sich das Vereinigte Königreich widerstandsfähiger gegen den Klimawandel und dessen Auswirkungen machen. So halten Biber-Dämme Wasser zurück, bilden Barrieren, verringern Sturzflut- sowie Erosionsrisiken und verbessern die Wasserqualität.
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Schwarzfuß-Frettchen, USA
Das Schwarzfuß-Frettchen galt bereits seit zwei Jahren als absolut ausgestorben, als sich 1981 in Wyoming ein Exemplar im Maul eines Hundes wiederfand (ein Glück für die Art, wenn auch nicht für das Frettchen). Kurze Zeit später wurde eine kleine Wildpopulation außerhalb der nahe gelegenen Stadt Meeteetse entdeckt. Alle heutigen Schwarzfußfrettchen stammen von diesen gefundenen Tierchen ab.
Schwarzfuß-Frettchen, USA
Präriehunde machen 90 Prozent der Nahrung eines erwachsenen Frettchens aus. Selbst ein moderater Rückgang der nordamerikanischen Eichhörnchen hat also verheerende Auswirkungen auf die Frettchen-Population. Doch sind Präriehunde den Viehzüchtern nach wie vor ein Dorn im Auge und sie werden erschossen oder vergiftet. Auch wenn Artenschützer in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren stets Nachzuchten aussetzen konnten, ist die Lage der Frettchenpopulationen nach wie vor äußerst prekär. Zur Erhaltung dieser gefährdeten Art wurde Ende 2020 Elisabeth Ann geboren – eine genetische Kopie von Willa, einem Schwarzfußfrettchen, das vor etwa 30 Jahren verstarb. Zum ersten Mal war es in den USA gelungen, ein vom Aussterben bedrohtes Tier zu klonen.
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