Unter der Oberfläche unserer Meere, Flüsse und Seen lauert weitaus mehr als mysteriöse Säugetiere und fremdartige Bewohner der Tiefe. Taucher und Entdecker stoßen immer wieder auf längst vergessene Unterwasserstädte, die häufig schon als Legenden abgeschrieben worden waren. Von sagenumwobenen Denkmälern und Tempeln, die im Wasser untergingen, bis hin zu ganzen Dörfern, die das Meer verschluckte:
Klicken oder scrollen Sie sich hier durch einige der faszinierendsten versunkenen Städte, die in den Tiefen wiederentdeckt wurden.
Adaptiert von Sandra Schröpfer und Ina Hieronimus
Die Ruinen von Baia – auch Baiae genannt – verteilen sich über den Golf von Neapel, nicht weit von der berühmten „verlorenen“ Stadt Pompeji. Genau wie sein unglückseliger Nachbar war Baia eine antike römische Stadt, die einem Vulkanausbruch zum Opfer fiel. Aber anstatt von einem Lavastrom überrollt und in der Zeit eingefroren zu werden, glaubt man, dass die Einwohner von Baia aus ihrer Stadt fliehen konnten, bevor diese vom steigenden Wasserspiegel verschluckt wurde.
Die Überreste der versunkenen Stadt gleichen eher einem Skulpturengarten unter Wasser als einem Ort, an dem einst Menschen lebten. Aber bereits während seiner Blütezeit, etwa 100 v. Chr. bis 500 n. Chr., wirkte Baia wohl eher surreal und wie nicht von dieser Welt. Es war ein Vergnügungsort der Superreichen – ein Urlaubsort, der der römischen Elite vorbehalten war, darunter Kaiser Julius Cäsar, der dort ebenfalls eine Villa hatte.
Baia wird aufgrund der hedonistischen Lebensweise seiner Einwohner sogar als „das Las Vegas des Römischen Reiches“ bezeichnet. Hier kamen die höchsten Persönlichkeiten der antiken römischen Gesellschaft zusammen, um zu feiern und sich zu vergnügen. Einige Statuen – manche kopflos, andere bemerkenswert unversehrt – stehen heute über den Meeresboden verstreut.
Die Geschichte der Stadt war lange vergessen und – zusammen mit ihren hellenistischen Statuen, Büsten, Säulen und Fresken – in den Wellen des Meeres verborgen, bis in den 1940er-Jahren ein Luftbild von der Küstenregion Bauten direkt unter der Wasseroberfläche andeutete. Untersuchungen in den darauffolgenden Jahrzehnten brachten Gewissheit und 2002 wurde der Küstenabschnitt schließlich zum Meeresschutzgebiet, dem Parco Archeologico Sommerso di Baia, erklärt. Er ist für Taucher zugänglich, die die Unterwasservillen und die mit Marmornymphen verzierten Grotten erkunden wollen.
Was auf den ersten Blick wie ein schöner Ort zum Baden zwischen Felsen aussehen mag, ist in Wirklichkeit der Rand einer versunkenen antiken Stadt. Auch Pavlopetri zählt zu den ältesten bekannten versunkenen Städten der Welt, deren Entstehung, so wird geschätzt, etwa 5.000 Jahre zurückliegt. Der Hafen aus der Bronzezeit liegt direkt unter der Wasseroberfläche in der Vatika-Bucht von Laconia und grenzt an einen gelb-goldenen Sandstrand.
Unsichtbar für Strandgänger versteckte sich die versunkene Stadt in den Wellen, bis ein britischer Meeresbiologe sie 1967 beim Tauchen in der Bucht wiederentdeckte. Nicholas Flemming kehrte daraufhin mit einer Gruppe von Studenten zurück, um die Stätte weiter zu erforschen. Er entdeckte ein Netz aus Straßen, Höfe und Gärten, Steinhäuser, Gräber und Tonscherben aus der mykenischen Zeit (1600 bis 1100 v. Chr.).
Spätere Studien ergaben, dass die Stadt größer und älter war, als es zunächst den Anschein hatte. Die Siedlung hatte fein säuberlich angelegte Straßen, ein komplexes Bewässerungssystem, Tempel und einen riesigen zentralen Platz. Es wird angenommen, dass Pavlopetri um 1000 v. Chr. durch ein Erdbeben in die Tiefen des Meeres abtauchte.
Versunkene antike Ruinen waren im Südosten Indiens seit jeher Stoff für Legenden. Bis zu dem Zeitpunkt, als vor der Küste von Mahabalipuram (auch bekannt als Mamallapuram) eine versunkene Stadt freigelegt wurde. Als im Dezember 2004 weite Teile Asiens von einem verheerenden Tsunami verwüstet wurden, berichteten Augenzeugen, Felsen und Mauern im Meer gesichtet zu haben, als sich kurz vor der Katastrophe das Wasser zurückzog. Wie sich herausstellte, hatten die Menschen tatsächlich die Überreste einer alten Hafenstadt gesehen.
Folgen Sie uns schon? Klicken Sie oben auf das Pluszeichen und lesen Sie mehr von loveEXPLORING
Eine andere Theorie besagt, dass die Granitbauten die Überreste von einem oder mehreren hinduistischen Tempeln oder Schreinen sein könnten, die einer Legende zufolge vom Ozean verschluckt worden waren. Die Forschungen sind noch immer im Gange. Bisher zählen zu den vielen Entdeckungen unter anderem Mauern, eine Treppe und gemeißelte Steinbrocken.
Weniger Rätsel umgibt Chinas „Atlantis des Ostens“, das 1959 absichtlich für den Bau des Xin’an-Damms und eines Wasserkraftwerks überflutet wurde. Shichengs Bauwerke, von denen viele unter der Oberfläche des Qiandao-Sees in der Provinz Zhejiang beeindruckend intakt geblieben sind, stammen aus dem 16. Jahrhundert. Die Unterwasserstadt war bereits fast in Vergessenheit geraten, bis eine von der Regierung durchgeführte Expedition im Jahr 2001 die ausgesprochen gut erhaltene Stadt wiederentdeckte. Zu sehen gab es breite Straßen, Steinmauern, verzierte Tore und Statuen von Löwen, Drachen und Phönixen.
Zwischen dem Ostchinesischen Meer und dem Pazifischen Ozean befindet sich ein rätselhaftes Monument. in der Nähe der abgelegenen japanischen Insel Yonaguni entdeckte ein Taucher Mitte der 1980er-Jahre eine Reihe von Steinformationen. Dabei handelt es sich unter anderem um hohe Monolithen, aufgeschichtete Steinplatten und eine Pyramide. Die Herkunft dieser Bauten ist unter Historikern und Wissenschaftlern seitdem umstritten.
Einige glauben, dass die Formation die Überreste der verlorenen Zivilisation von Mu sind, die vor etwa 2.000 Jahren aufgrund eines Erdbebens von den Wellen verschlungen wurde. Wenn die Strukturen von Menschenhand geschaffen wurden, so deuten Untersuchungen darauf hin, dass sie mindestens 5.000 Jahre alt ist. Das würde bedeuten, dass das japanische Atlantis bereits Jahrhunderte vor den ägyptischen Pyramiden erbaut wurde.
Die Theorie wird durch die vielen Details und die Komplexität der Formation gestützt. Rund um die Pyramide, die die größte Formation darstellt, gibt es Ruinen, die Bögen, Tempeln und einer Burg ähneln. Auch eine Art Stadion ist mit den Gebäuden verbunden, zwischen denen es scheinbar Straßen und eine Mauer gab. Einige der Felsen scheinen mit Tierreliefs verziert worden zu sein, während andere Felsen Figuren darstellen könnten, darunter eine Sphinx und eine Schildkröte.
Eine weniger romantische Erklärung wäre, dass die beeindruckenden Steingebilde, die sich heute 25 Meter unterhalb des Meeresspiegels befinden, natürlich vorkommende geologische Formationen sind. Diese könnten sich durch tektonische Aktivität verschoben und im Laufe der Zeit gebildet haben. Die Theorie beinhaltet aber auch, dass es sich bei den scheinbaren Reliefs um einfache Kratzer handelt, die über die Jahrtausende entstanden sind.
Einst lebten in der antiken griechischen Stadt Olous rund 40.000 Menschen. Heute schlummern die Ruinen unter der Wasseroberfläche der Ägäis. Die Mauern und Fundamente liegen direkt vor der Nordküste Kretas, in der Nähe des Dorfes Elounda und sind vom Ufer aus gut sichtbar. Es gibt unzählige Theorien darüber, wie die Siedlung dorthin gelangte. Einige deuten darauf hin, dass die Bauten während eines Vulkanausbruchs auf Santorin einstürzten.
Eine wahrscheinlichere Erklärung ist, dass die Stadt, die zu den etwa 100 bekannten minoischen Städten zählt und im antiken Kreta zwischen etwa 3000 und 900 v. Chr. ihre Blütezeit hatte, nach und nach vom steigenden Meeresspiegel verschluckt wurde. Die Ruinen einer antiken Basilika liegen etwas weiter landeinwärts von der versunkenen Stadt und zeigen Bodenmosaike mit Darstellungen von Fischen, aber auch Inschriften. Zudem wurden Artefakte aus den Unterwasserruinen geborgen, die inzwischen in mehreren Museen ausgestellt sind.
Muang Badan bedeutet übersetzt „Stadt der Unterwelt“ – obwohl sich dieser versunkene Ort eigentlich gleichzeitig an Land und im Wasser befindet. Die Stadt wurde während des Baus des Vajiralongkorn-Damms im Jahr 1984 überflutet, der alles unter Wasser setzte, von Häusern bis hin zum vielleicht auffälligsten Bauwerk: dem sogenannten versunkenen Tempel, der in den 1950er-Jahren erbaut worden war.
Der buddhistische Tempel diente als der zentrale Sammelpunkt der Stadt, die die Heimat der Mon- und Karen-Stämme war und als eine der frühesten südostasiatischen Siedlungen gilt. Ein weiteres auffälliges Bauwerk ist das Kloster, dessen Fassade bei Sonnenuntergang in ein honigfarbenes Licht getaucht wird.
Die Gebäude in der Provinz Kanchanaburi, die vom Khao-Laem-See an der Grenze zwischen Thailand und Myanmar verschluckt wurden, stehen abgesehen von ihren höchsten Türmen und Flaggen meistens vollständig unter Wasser. Am besten sichtbar sind sie in den trockensten Monaten März und April, wenn der Wasserstand am niedrigsten ist und man das Gelände sogar zu Fuß erkunden kann.
Vor der felsigen Nordküste von Kekova, einer winzigen unbewohnten Insel vor der Küste von Antalya in der Türkei, schauen die zerbröckelnden Ruinen dieser versunkenen Stadt aus den Tiefen des türkisfarbenen Wassers. Simena war ein Seehandelsposten und eine alte lykische Siedlung, die vermutlich um das Jahr 2000 v. Chr. gegründet wurde.
Dank des klaren Wassers sind Mauern und Fundamente gut zu sehen und schaffen ein beeindruckendes Bild, das ein wenig an ein Unterwasserschwimmbad erinnert. Andere Überreste, darunter die von einer Werft, einer Kirche und einer Steintreppe, die direkt ins Meer führt, grenzen direkt ans Wasser und verdeutlichen die prekäre Küstenlage der Stadt. Simenas Schicksal wurde im 2. Jahrhundert besiegelt, als die Stadt von einer Reihe von Erdbeben heimgesucht wurde und schließlich im Meer versank.
Die Ruinen haben es Historikern ermöglicht, eine bessere Einsicht in das Leben der lykischen Zivilisation an der türkischen Mittelmeerküste zu erhalten. Lykien bestand aus einer demokratischen Föderation oder Union von Städten, die als „Lykische Liga“ bekannt ist. Es wird vermutet, dass es sich dabei um das erste derartige System handelte, auf dem die heutige Demokratie basiert.
Die Insel Kekova ist, abgesehen von einigen grasenden Ziegen, unbewohnt und als besonders geschütztes Gebiet ausgewiesen. Es steht auf der Vorschlagsliste der UNESCO. Tauchen und Schnorcheln ist zum Schutz der Ruinen streng verboten. Einige Ausflugsboote dürfen jedoch langsam vorbeifahren. Viele der unglaublichen Bauwerke von Simena, darunter reich verzierte Gräber, die sich über den Wasserspiegel erheben, sind vom Festland aus zu sehen.
Diese 3.400 Jahre alte Stadt wurde erst kürzlich am Tigris im Irak entdeckt und soll einst ein bedeutendes Zentrum des Mittani-Reiches gewesen sein. Dieses Reich der Antike beherrschte von 1550 bis 1350 v. Chr. Gebiete im nördlichen Mesopotamien und in Syrien.
Im Juni 2022 ließ eine extreme Dürre den Mosul-Stausee am Tigris austrocknen. Am Rande des Sees am Ort Kemune in der irakischen Region Kurdistan kam dadurch die beeindruckend gut erhaltene Stadt aus der Bronzezeit Zakhiku zum Vorschein, bevor sie wieder vollständig überflutet wurde.
Bei Ausgrabungen, an denen auch deutsche Forscher beteiligt waren, wurden dort mehrere große Gebäude und sogar ein Palast mit massiven Mauern entdeckt. Zu den ausgegrabenen Gebäuden gehörten eine große Festung mit hohen Türmen, ein mehrstöckiger Lagerraum, eine Art Industriekomplex und ein Denkmal.
Erstaunlicherweise hatten die Mauern der Gebäude, obwohl sie aus ungebrannten Lehmziegeln bestehen, all die Jahre unter Wasser nahezu unbeschadet überstanden. Sie sind vermutlich deshalb so gut erhalten, weil ein Erdbeben gegen 1350 v. Chr. große Teil der Stadt unter Geröll und Steinen begrub und die Mauern und Fundamente durch diese Schicht aus Schutt vor den Einwirkungen der Umwelt geschützt wurden.
Die Forscher machten einen weiteren interessanten Fund: Sie stießen auf fünf Keramikgefäße, die mehr als 100 Keilschrifttafeln aus der mittelassyrischen Zeit enthielten. Einige Tafeln, bei denen es sich um Briefe handeln könnte, stecken sogar noch in ihren tönernen Umschlägen. Diese Entdeckung könnte wichtige Informationen über das Mittani-Reich und den Übergang zur assyrischen Herrschaft liefern.
Port Royal auf Jamaika galt einst als die berüchtigtste Piratenstadt der Welt, die nicht zuletzt die „Fluch der Karibik“-Filme inspiriert hat. Zu seiner Zeit war der Sitz von Freibeutern und Plünderern der Weltmeere der größte und reichste Hafen der Karibik. Doch ein Erdbeben und ein Tsunami im Jahr 1692, dem Tausende von Einwohnern zum Opfer fielen, zerstörte Port Royal vollständig. Nur wenige Überreste der einstigen Piratenhochburg sind noch oberhalb der Meeresoberfläche zu sehen, ein Großteil der Ruinen schlummert heute unweit des Hafens von Kingston am Meeresgrund.
In der ursprünglich 1494 von den Spaniern gegründeten Hafenstadt sollen wertvolle Schätze und Gold gelagert haben, die sich auf See angesammelt hatten. Eine Taschenuhr, die in den 1960er-Jahren am Meeresgrund gefunden wurde, bestätigte das Datum und die Uhrzeit des Erdbebens, das sich am 7. Juni 1692 um 11:43 Uhr ereignete. Doch bis heute ruhen noch immer zahlreiche Geheimnisse in der Tiefe.
Mit einer Genehmigung können Taucher die verschollene Piratenstadt erkunden. In den Ruinen von Port Royal wurden unter anderem Artefakte aus dem 16. und 17. Jahrhundert (Bild) entdeckt.
Die Überreste dieses neolithischen Dorfes wurden 1984 im Mittelmeer wiederentdeckt, nicht weit vor der Küste von Atlit, einer Küstenstadt südlich von Haifa in Israel. Datiert auf etwa 7000 v. Chr., handelt es sich hierbei um eine der ältesten versunkenen Siedlungen, die jemals entdeckt wurden. Es ist auch eine der am besten erhaltenen, mit Steinbrunnen, Getreidespeichern und sogar Gräbern mit Skeletten und einen mysteriösen Steinkreis, der das Geheimnis seiner Existenz auch nach all diesen Jahren noch nicht preisgegeben hat.
Lange Zeit hatten Archäologen an der Mündung des Nils vergeblich nach der bedeutenden antiken Stadt Herakleion gesucht, von der aus die legendäre Königin Kleopatra einst regierte. Doch im Jahr 2000 spürte ein Team französischer Unterwasserforscher die altägyptische Stadt in einer Bucht vor der Küstenstadt Abukir in der Nähe von Alexandria auf und entdeckte unglaubliche Unterwasserschätze, die einst zu Kleopatras Palast gehörten.
Neun Meter unterhalb der Wasseroberfläche ruhten die Ruinen steinerner Tempel, gut erhaltener Artefakte und Statuen aus der Regierungszeit Kleopatras und der letzten altägyptischen Dynastie. Zu den Highlights gehörten etwa intakte Skulpturen des Gottes Hapi und Kleopatras selbst sowie in Granit gehauene Sphinxen. Sie alle waren vor mehr als 1.000 Jahren durch eine Reihe von Erdbeben und Überschwemmungen im Meer versunken.
2019 dann wurde ein kleiner griechischer Tempel, Säulen und die Überreste antiker Frachtschiffe sowie Bronzemünzen aus der Regierungszeit von König Ptolemäus II. aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. entdeckt. Neuere Funde umfassen einen dem altägyptischen Gott Amun geweihten Tempel und ein der griechischen Göttin Aphrodite geweihtes Heiligtum. Die Erforschung von Herakleion dauert an.
Entdecken Sie jetzt: Darum tauchten diese versunkenen Städte wieder auf