Der steigende Meeresspiegel bedroht, bedingt durch den Klimawandel, Küstenstädte rund um die Welt und könnte schon in weniger als 30 Jahren riesige Gebiete überfluten. Das geht aus einer Studie der gemeinnützigen Agentur Climate Central hervor, die die potenziellen Gefahren mithilfe des digitalen Höhenmodells CoastalDEM berechnet hat. Werden keine Vorkehrungen gegen Hochwasser getroffen, versinken die folgenden Städte demnach bis 2050 im Meer.
Nicht nur Metropolen wie London und New York sind betroffen, sondern auch Norddeutschland ...
Adaptiert von Sandra Schröpfer und Ina Hieronimus
Am Mittelmeer wird der steigende Meeresspiegel der Studie zufolge eine Region besonders stark betreffen: die nördliche Adria in Italien. Die Lagunenstadt Venedig kämpft bekanntermaßen bereits seit Längerem gegen die Fluten, doch auch die Stadt Aquileia (im Bild) befindet sich in der roten Zone. Die Stadt im äußersten Nordosten der Adria, deren Basilika zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, war einst eine der größten und wichtigsten Städte des Römischen Reiches. Viele der Überreste wurden bis heute noch nicht archäologisch gesichtet.
Wasser hat in der Geschichte der zweitgrößten Stadt Griechenlands, die im Jahr 315 vor Christus gegründet wurde, schon immer eine Rolle gespielt, was sich anhand der mächtigen Festungen, vielen Kirchen und antiken Denkmäler erkennen lässt. In der Architektur der Stadt am nördlichen Rand des Thermaischen Golfs treffen römische, christliche, byzantinische und venezianische Einflüsse aufeinander. Der Thermaische Golf zählt jedoch zu den Risikogebieten, die die Studie für den Mittelmeerraum berechnet hat.
Eine der ältesten Städte Westeuropas ist ebenfalls in Gefahr: Cádiz wird wie andere Teile Andalusiens voraussichtlich stark vom Klimawandel betroffen sein. Die Hafenstadt wurde vor über 3.000 Jahren von den Phöniziern gegründet, doch schon in 30 Jahren könnten die Gassen und Plazas der Altstadt ebenso wie die Stadtmauern unter Wasser stehen, wie die Studie nahe legt. Auch dem Schwemmland entlang des Flusses Guadalquivir steht demnach die Überflutung bevor, was sich wiederum auf Teile von Sevilla auswirken würde.
Wenn wir so weitermachen wie bisher, könnten bis 2050 große Teile des französischen Départements Vendée im Meer versinken. Climate Central prognostiziert, dass die für ihre Salzwassersümpfe und Meereskiefern bekannte Atlantikinsel Noirmoutier (im Bild) unter Wasser stehen wird, genauso wie Küstenorte und das Sumpfgebiet Marais Poitevin. Dieses wird wegen seiner zahlreichen Kanäle auch „grünes Venedig“ genannt.
Im altägyptischen Seehafen Alexandria sind weitere Kulturerbestätten gefährdet. Die Metropole wurde um 330 vor Christus von Alexander dem Großen gegründet, könnte allerdings im Jahr 2050 unter Wasser stehen. Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt zählen die Qaitbay-Zitadelle, die auf den Ruinen des antiken Pharos errichtet wurde, die Pompeius-Säule, die Ruinen des Serapeum-Tempels und die Bibliotheca Alexandrina, eine moderne Bibliothek, die zum Gedenken an die antike Bibliothek der Stadt erbaut wurde.
Der Küste der kanadischen Provinz Manitoba steht eine katastrophale Zukunft bevor, wie die Studie nahe legt. Churchill, die sogenannte Eisbärenhauptstadt am Südwestufer der Hudson Bay, spürt bereits die Auswirkungen des Klimawandels: Im Frühjahr treten immer häufiger Überschwemmungen auf. Schon bald könnten ganze Teile aber im Meer versunken sein, darunter von den Inuit erbaute Wahrzeichen und das Prince of Wales Fort aus dem 18. Jahrhundert. Teile des Wapusk-Nationalparks, in dem Eisbären ihre Jungen zur Welt bringen, wären dann ebenfalls verschwunden.
Die Viertel Casco Viejo und Costa del Este in Panama-Stadt könnten im Jahr 2050 im Meer versunken sein. Panamas Hauptstadt wurde 1519 vom spanischen Eroberer Pedro Arias de Ávila gegründet und war die erste europäische Siedlung entlang der Pazifikküste. Wie aus den Daten von Climate Central hervorgeht, sind auch die Festungen aus dem 17. und 18. Jahrhundert an der Karibikküste Panamas gefährdet. Die Bauwerke stehen unter anderem wegen Umweltfaktoren bereits seit 2012 auf der roten Liste des gefährdeten Welterbes der UNESCO.
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Auch Zentralvietnam, einschließlich der Provinz Thừa Thiên-Hué, ist durch den Klimawandel gefährdet. Nicht nur der Meeresspiegel steigt, auch der Niederschlag wird mehr, wodurch in der Folge die tief liegenden Ebenen der Provinz zu überfluten drohen – besonders stark betrifft das die Kaiserstadt Hué am Ufer des Song Huong (der Parfümfluss) mit der Zitadelle und Verbotenen Stadt aus der Nguyen-Dynastie. Die Anlage zählt zum Weltkulturerbe der UNESCO und enthält mehrere Paläste und Tempel.
Die Prognosen von Climate Central sehen Indiens Finanzhauptstadt Mumbai, eine der größten Städte der Welt, ebenfalls in der Risikozone. Der historische Stadtkern wurde auf einer Halbinsel erbaut und ist deshalb besonders gefährdet. Damit könnten der Steinbogen „Gateway of India“, der die Uferpromenade des Hafens überragt, sowie der alte Höhlenkomplex auf Elephanta Island bald schon vom Arabischen Meer verschlungen werden.
Das dicht besiedelte und nur sechs Meter über dem Meeresspiegel liegende Kalkutta ist eine weitere indische Küstenstadt, die 2050 überschwemmt sein könnte. Die Metropole befindet sich am Ostufer des Flusses Hooghly (besser bekannt als Ganges), der hier in den Golf von Bengalen mündet (dieser steigt mehr als dreimal so schnell an wie das Arabische Meer). Indiens Kulturhauptstadt beheimatet zahlreiche historische Sehenswürdigkeiten wie alte Hindu-Tempel, Herrenhäuser aus der britischen Kolonialzeit, das einzige Chinatown des Landes sowie die Grabstätte von Mutter Teresa.
Eine weitere asiatische Megastadt, die vom steigenden Meeresspiegel bedroht ist, ist Manila, wo rund 14 Millionen Menschen leben. Wie aus den Daten von Climate Central hervorgeht, wird die philippinische Hauptstadt zusammen mit anderen Teilen des Inselstaats bis 2050 im Pazifischen Ozean versinken. Nach Angaben der nationalen Behörden (NAMRIA) stieg der Meeresspiegel in der Metropolregion Metro Manila im Jahr 2023 um fast das Dreifache des jährlichen globalen Durchschnitts.
Australien bekommt die Auswirkungen des Klimawandels schon jetzt in allen Facetten zu spüren (Dürre, Buschbrände, Überschwemmungen). Hinzu wird der Studie zufolge auch der Anstieg des Meeresspiegels kommen und demnach einen Großteil der Ostküste und damit viele Touristenattraktionen im Bundesstaat Queensland gefährden. Dem beliebten Ferienort Port Douglas unweit des Great Barrier Reefs droht die Überflutung, ebenso wie Teilen des Daintree-Nationalparks, der den ältesten tropischen Regenwald der Welt beheimatet.
Auch die Küste des Bundesstaats Westaustralien wird die Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs zu spüren bekommen. Teile der Coral Coast sowie die Regionen Pilbara und Kimberley sind besonders von Überflutungen bedroht. Innerhalb von drei Jahrzehnten könnten das Tauchparadies Ningaloo (berühmt für Walhaie), der Cape-Range-Nationalpark und unzählige Inseln durch den Anstieg des Meeresspiegels teilweise oder sogar vollständig zerstört werden. Auch Port Hedland, eine der größten Städte in Westaustralien, und der rund 220 Kilometer lange Eighty Mile Beach (Bild), der sich von dort bis nach Broome erstreckt, werden laut der Studie im Indischen Ozean verschwinden.
Mosambik hat eine der längsten und schönsten Küsten Afrikas. Damit wird das Land voraussichtlich aber auch besonders stark vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen sein. Regelmäßige Überschwemmungen würden das Leben von Millionen von Menschen bedrohen sowie die Infrastruktur, Korallenriffe und Mangrovenwälder zerstören. Das ostafrikanische Land ist bereits jetzt anfällig für Küstenüberschwemmungen, aber bis 2050 werden dem Bericht zufolge große Teile des Landes vollständig unter Wasser stehen.
Der Maputo-Nationalpark und das Maputo-Reservat, in dem Elefanten und Giraffen durch Mangrovenwälder streifen, werden den Daten zufolge bis 2050 zum Teil unter Wasser stehen. Die Insel Mosambik in der Provinz Nampula wird bis dahin fast vollständig überlfutet werden. Die sichelförmige Koralleninsel, auf der es eine große Festung gibt, war einst Hauptstadt und Handelszentrum des portugiesischen Ostafrikas und steht heute unter dem Schutz der UNESCO.
Überschwemmungen bedrohen die älteste Stadt der USA schon lange – und das wird auch in Zukunft so bleiben, stuft Climate Central St. Augustine an der Ostküste Floridas doch als besonders gefährdet ein. Das Risiko einer mindestens 1,20 Meter hohen Überschwemmung liegt für die Region demnach bis 2050 bei 64 Prozent. 2016 war die Stadt, deren Festung Castillo de San Marcos 1672 von den Spaniern erbaut wurde, bereits durch den Hurrikan Matthew überschwemmt worden.
Da ein Großteil von New Orleans unterhalb des Meeresspiegels liegt, ist die Stadt in Louisiana besonders hochwassergefährdet. Die Zukunft der hübschen historischen Gebäude ist also ungewiss. Nach der Verwüstung durch den Hurrikan Katrina im Jahr 2005 wurden zum Schutz für mehrere Milliarden US-Dollar Deiche errichtet. Doch steigt der Meeresspiegel weiter, könnte die Stadt aber im Meer versinken. Climate Central sieht ein 89-prozentiges Risiko einer Überschwemmung von mindestens 1,80 Meter bis 2050.
Durch die Erderwärmung könnten der Studie von Climate Central zufolge große Gebiete Großbritanniens überschwemmt werden, darunter auch London. Ohne massive Maßnahmen im Küstenschutz werden in 30 Jahren demnach weite Teile der britischen Hauptstadt unter Wasser stehen. Besonders gefährdet sind dabei die Stadtteile entlang der Themse und damit auch viele Touristenattraktionen der Metropole: So befinden sich etwa der Tower of London und der Sitz des britischen Parlaments im Westminsterpalast im Risikogebiet. Auch das Museum Tate Modern und das Globe-Theater liegen direkt am Flussufer.
Die Grafschaft Somerset im Südwesten von England liegt ebenfalls in dem von Climate Central berechneten Risikogebiet. Von der historischen Marktstadt Bridgwater bis zu den Küstengemeinden Burnham-on-Sea, Brean und dem Ferienort Weston-super-Mare (im Bild) werden voraussichtlich Naturreservate, Wohnwagenparks, Museen und kilometerlange lebenswichtige Infrastrukturen überschwemmt werden. Laut den Daten sollen die Fluten bis in die benachbarte Grafschaft Gloucestershire reichen. Auch Teile von Wales, einschließlich der Hauptstadt Cardiff, sind in großer Gefahr.
Belgiens Nordseeküste liegt nur knapp über dem Meeresspiegel, weshalb das Land besonders gefährdet ist. Für die UNESCO-Weltkulturerbestadt Brügge im Nordwesten des Landes (zwei Meter ü. d. M.) könnte das dramatische Folgen haben. Überschwemmungen würden der mittelalterlichen Altstadt, ihren zahlreichen Kanälen, alten Backsteingebäuden und dem bekannten Glockenturm schwer zusetzen.
Auch weite Teile der Niederlande befinden sich im Risikogebiet, das Climate Central berechnet hat. Die Stadt Delft, die einen mittelalterlichen Kern hat, ist ebenso wie Rotterdam und Teile Amsterdams durch den Anstieg des Meeresspiegels in den kommenden 30 Jahren gefährdet. Der Geburtsort von Barockkünstler Johannes Vermeer kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Die mittelalterliche Altstadt, zu deren Wahrzeichen das alte Rathaus am Markt zählt, wäre einem Anstieg der Nordsee ohne Vorkehrungen zum Hochwasserschutz den Fluten ausgesetzt.
Ein Stück weiter die Nordseeküste entlang bleibt auch Norddeutschland der Studie zufolge nicht vom steigenden Meeresspiegel verschont. Nicht nur stünden in weniger als 30 Jahren demnach große Gebiete der schleswig-holsteinischen und niedersächsischen Nordseeküste – inklusive der Inseln Sylt und Föhr in Nordfriesland sowie Borkum und Norderney in Ostfriesland – unter Wasser, auch für Hamburg und Bremen sieht es schlecht aus. Teile des Zentrums der Hansestädte an Elbe und Weser wären regelmäßig von Überschwemmungen betroffen, in Hamburg etwa die HafenCity mit ihrem Wahrzeichen, der Elbphilharmonie (im Bild).
Vor einer ungewissen Zukunft steht der Studie zufolge auch die gesamte dänische Nordseeküste sowie Dänemarks älteste Stadt, Ribe, die im 9. Jahrhundert von den Wikingern gegründet wurde. Alte Gassen, Fachwerkhäuser und Kirchen aus dem Mittelalter prägen das Stadtbild und direkt vor der Haustür befindet sich die größte Wattlandschaft der Welt, ein UNESCO-Weltnaturerbe, das sich bis in den Westen der Niederlande erstreckt.
Nagoya, eine der führenden Industriestädte Japans, liegt versteckt an der Mündung der Ise-Bucht auf der Insel Honshu. Genauso wie Osaka und Okayama ist auch diese Großstadt in den nächsten 30 Jahren vom Meeresanstieg bedroht und könnte zu großen Teilen überflutet werden. Climate Central geht davon aus, dass das Wasseraufbereitungsmuseum und Teile des Meijo-Parks unter Wasser stehen werden, die Burg Nagoya (siehe Bild) aber wohl verschont wird.
Bis zum Jahr 2050 wird es in den Vereinigten Arabischen Emiraten kein einziges Emirat geben, das nicht zumindest teilweise unter Wasser stehen wird, so die Daten von Climate Central. Das auch als Natur-Emirat bezeichnete Ra’s al-Chaima im Norden wird seine Mangroven, alten Perlendörfer und Luxusresorts an die Fluten verlieren. Weite Teile von Schardscha (Shariqah) und Dubai (im Bild) werden ebenfalls im Persischen Golf versinken. Abu Dhabi ist besonders gefährdet: Das Stadtzentrum könnte noch glimpflich davonkommen, aber für den Rest des Emirats muss mit dem Schlimmsten gerechnet werden.
Seit der Veröffentlichung der Daten von Climate Central sind weitere besorgniserregende Berichte zu Überflutungen durch den Klimawandel veröffentlicht worden. Neuen Erkenntnissen des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen der Vereinten Nationen zufolge wird der Meeresspiegel bis 2050 voraussichtlich um 15 bis 25 Zentimeter ansteigen. Dies bedroht vor allem kleine Pazifiknationen wie Tuvalu (im Bild). Die neun tief liegenden Inseln zwischen Australien und Hawaii befinden sich nur bis zu fünf Meter über dem Meeresspiegel.
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