Die zwei „Titanic“-Kopien, die das Schiff wieder zum Leben erwecken sollen
Geheimnisvolle Repliken des Unglücksdampfers
Mehr als ein Jahrhundert nach dem tragischen Untergang der „Titanic“ werfen wir hier einen Blick auf zwei außergewöhnliche Projekte, die das legendäre Unglücksschiff wieder zum Leben erwecken wollen: die „Titanic II“ des australischen Milliardärs Clive Palmer und die „Unsinkable Titanic“, die unsinkbare Titanic, im chinesischen Sichuan. Doch werden die umstrittenen „Titanic“-Kopien jemals in See stechen oder aber spurlos wieder verschwinden? Klicken oder scrollen Sie sich durch die neuesten Pläne ...
Die „Titanic II“
Im April 2012 stellte der australische Bergbau-Milliardär Clive Palmer der Öffentlichkeit seine Pläne zum Bau der „Titanic II“ vor, einem sehr exakten Nachbau des Unglücksdampfers von 1912. Die Kosten des Projekts werden auf 500 Millionen US-Dollar (460 Mio. Euro) geschätzt.
So detailgetreu wie möglich
Um die neun Decks und 840 Kabinen der „Titanic“ so detailgetreu wie möglich nachbauen zu können, engagierten Palmer und seine Reederei Blue Star ein Team von Historikern, darunter „Titanic“-Experte Steve Hall. Palmer beauftragte das finnische Marinearchitekturbüro Deltamarin mit dem Entwurf des Schiffes und die Hamburgische Schiffbau-Versuchsanstalt (HSVA) mit der Überprüfung von Seetüchtigkeit und Sicherheitsstandards.
Medienrummel um den Nachbau
Im Februar 2013 wurde der Entwurf der „Titanic II“ der internationalen Presse vorgestellt, unter anderem bei einer Gala-Party an Bord der USS „Intrepid“ in New York und bei einem Pressedinner im Londoner Naturkundemuseum.
Größer als die ursprüngliche „Titanic“
Der moderne Nachbau soll rund vier Meter breiter und knapp acht Zentimeter länger werden als die ursprüngliche „Titanic“. Mit einem Bruttogewicht von 56.000 Tonnen wird die „Titanic II“ auch gut 10.000 Tonnen schwerer sein. Insgesamt sollen in der ersten, zweiten und dritten Klasse 2.435 Passagiere und 473 Besatzungsmitglieder untergebracht werden können.
Neueste Technik an Bord
Den Plänen nach ähnelt die „Titanic II“ von außen erstaunlich genau dem Original, von innen aber ist das Schiff mit der Technik des 21. Jahrhunderts ausgestattet. An Bord soll es die neueste Satellitensteuerung, moderne Radarsysteme und digitale Navigation geben. Im Fall einer Evakuierung greifen ebenfalls moderne Prozesse.
So schnell wie ein modernes Kreuzfahrtschiff
In Sachen Geschwindigkeit soll die „Titanic II“ genauso schnell sein wie jedes andere moderne Kreuzfahrtschiff. Die kohlebefeuerten Kessel und alten Dampfmaschinen der ursprünglichen „Titanic“ werden auf dem modernen Nachbau durch einen dieselelektrischen Antrieb ersetzt.
Rettungsboote für alle an Bord
Anders als für die ursprüngliche „Titanic“ sind für den Nachbau ausreichend Rettungsboote eingeplant. Auf dem Unglücksdampfer gab es damals nur 1.187 Plätze in den Booten, obwohl mehr als doppelt so viele Menschen an Bord waren. Auf der „Titanic II“ wird den Plänen zufolge jeder Passagier und jedes Besatzungsmitglied in Sicherheit gebracht werden können.
Glanz alter Zeiten mit modernem Komfort
Bei der Ausstattung will der Sechs-Sterne-Ozeankreuzer den Glanz alter Zeiten mit dem Komfort des 21. Jahrhunderts verbinden. Für die Kabinen und Suiten sind moderne Annehmlichkeiten und neueste Technik vorgesehen, von luxuriösen Badezimmern bis zum W-Lan. Auch ein Nachtklub und ein Hubschrauberlandeplatz wurden eingeplant.
Kopie der berühmten Treppe
Der berühmte Treppenaufgang der „Titanic“ soll bis ins kleinste Detail nachgebaut werden, ebenso wie das Café Parisien, das Verandacafé und die eleganten Speisesäle.
Wellness-Bereich im Look von damals
Der Gymnastikraum soll im Retro-Design von damals nachgebildet werden, ebenso wie das Schwimmbecken und das Türkische Bad. Die Räume werden nach den Plänen den Wellness-Bereich der „Titanic II“ bilden.
Pläne für die Jungfernfahrt
Und auch für die Jungfernfahrt der „Titanic II“ gibt es bereits Pläne. Statt der Transatlantikroute vom englischen Southampton nach New York soll es allerdings vom chinesischen Jiangsu nach Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten gehen.
Kritik am Nachbau
Das Projekt ist allerdings nicht unumstritten. Angehörige der „Titanic“-Opfer von 1912 sehen die „Titanic II“ als unsensible Idee oder sogar Beleidigung an. Die Reederei Cunard, die mit dem Bauer der ursprünglichen „Titanic“ fusionierte, ist ebenso gegen jegliche Nachbauten in Originalgröße, die sie als unangemessen und respektlos kritisiert.
Der Bau verzögert sich
Und das Projekt verzögert sich. Die „Titanic II“ sollte ursprünglich 2016 zu Wasser gelassen werden, doch nach einem Streit zwischen Palmers Bergbauunternehmen und dem chinesischen Investor Citic wurden Gelder gestrichen und der Fertigstellungstermin auf 2018 verschoben.
Der Oberste Gerichtshof von Westaustralien ordnete 2017 allerdings an, dass Citic 150 Millionen australische Dollar (100 Mio. Euro) an Palmers Bergbauunternehmen zu zahlen habe. In der Folge wurde der Bau der „Titanic II“ Ende 2018 fortgesetzt. Die Reederei Blue Star setzte 2022 als neuen Termin für den Stapellauf an. Doch auch daraus wurde nichts...
Wird überhaupt gebaut?
Kritiker bezweifeln, dass der Bau des Schiffes je fortgesetzt wurde, geschweige denn überhaupt begonnen hat. Berichten zufolge ist die chinesische Reederei CSC Jingling in Jiangsu für den Bau des Schiffes verantwortlich. 2018 allerdings wurde ein Sprecher der Blue Star Line mit den Worten zitiert, dass die „Titanic II“ „am wahrscheinlichsten“ auf der Nordhalbkugel gebaut werde. Das deutete wiederum darauf hin, dass der Bau zu dem Zeitpunkt noch nicht begonnen hatte…
Kritiker zweifeln an Fertigstellung
Im Februar 2020 gab das Unternehmen über seine Facebook-Seite bekannt, Neuigkeiten zur „Titanic II“ noch im selben Jahr veröffentlichen zu wollen. Doch auch vier Jahre später ist der Status des Projektes noch immer unklar. Unsere Anfragen nach einem Zwischenstand blieben unbeantwortet.
Kritiker zweifeln daran, dass die „Titanic II“ jemals umgesetzt wird, zumal Palmer bereits mit anderen Projekten gescheitert ist, zum Beispiel mit dem Nachbau eines Zeppelins und einem „Jurassic Park“-Themenpark. Doch das Projekt des australischen Milliardärs ist nicht das einzige „Titanic“-Projekt in der Planung.
Entdecken Sie jetzt, was es mit der unsinkbaren Titanic in China auf sich hat...
Seven Star Energy Investment Group via Twitter @new_titanic
Die „Unsinkable Titanic“
Die „Unsinkable Titanic“, die unsinkbare Titanic, sollte die Hauptattraktion des Romandisea-Themenparks im chinesischen Sichuan werden. Der Stapellauf für den „Titanic“-Nachbau war ursprünglich für 2017 geplant.
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Große Ankündigung mit Starbesetzung
Das Projekt wurde 2014 auf einer Pressekonferenz in Hongkong angekündigt, an der zahlreiche chinesische Prominente teilnahmen. Sogar Schauspieler Bernard Hill, der in der „Titanic“-Verfilmung von 1997 Kapitän Edward Smith spielt, trat bei der Veranstaltung auf.
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Vor Anker im Themenpark
Im Gegensatz zur „Titanic II“ soll dieser Nachbau aber nicht um die Welt reisen. Die chinesische „Titanic“-Kopie soll kein Kreuzfahrtschiff werden, sondern ein Hotel mit Unterhaltungskomplex, das in einem Stausee vor Anker liegt.
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Kosten geringer als die „Titanic II“
Da die „Unsinkable Titanic“ weniger originalgetreu geplant ist, wird das Projekt voraussichtlich auch wesentlich weniger kosten als das 500-Millionen-Dollar-Projekt von Milliardär Palmer. In China wird mit Gesamtkosten von rund 125 Millionen US-Dollar (115 Mio. Euro) gerechnet.
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Renommiertes Design
Für das Design des Projektes in Sichuan, das von der chinesischen Firma Seven Star Energy finanziert wird, wurde der US-Produktionsdesigner Curtis Schnell beauftragt. Bei der Einrichtung setzt der Emmy-Preisträger auf die historische Atmosphäre von damals.
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Baubeginn bestätigt
Doch im Gegensatz zur „Titanic II“ ist der Baubeginn der chinesischen Touristenattraktion bestätigt worden. Die Kiellegung bei der Wuchang-Werft in Wuhan im November 2016 wurde mit einem spektakulären Feuerwerk gefeiert. Allerdings waren für den Bau ursprünglich nur elf Monate vorgesehen.
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Parallelen zum Original
Obwohl es sich nicht um eine exakte Nachbildung der „Titanic“ handelt, versuchen Schnell und sein Team, dem Original so nahe wie möglich zu kommen. „Wir bauen keineswegs jeden Raum im Schiff nach“, sagte der Produktionsdesigner, „aber der Rohbau und das Äußere des Schiffes werden ziemlich genau sein.“
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Die berühmte Treppe
Die bekanntesten Räume der „Titanic“ werden aber auch in China originalgetreu nachgebaut, so etwa die große Treppe, die Speisesäle und der Ballsaal, der für Tanzveranstaltungen genutzt werden soll.
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Anlehnungen an den Hollywood-Film
Der Nachbau soll an den Hollywood-Film von 1997 angelehnt sein, da die Liebesgeschichte um Rose (Kate Winslet) und Jack (Leonardo DiCaprio) auch in China ein großer Erfolg war. Zur Einrichtung gehört deshalb auch das fiktive Ankleidezimmer, in dem Jack eine Aktzeichnung von Rose anfertigt.
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Die Preise
Während ein Dritte-Klasse-Ticket für die „Titanic“ 1912 noch 15 US-Dollar kostete, wird die Übernachtung auf der „Unsinkable Titanic“ wesentlich teurer sein. Eine Kabine in der dritten Klasse kostet 3.000 Yuan (rund 385 Euro) pro Nacht.
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Das Premium-Paket
Wer Geld für eine Erste-Klasse-Übernachtung hat, bekommt eine eigene Suite mit Antiquitäten und modernem Komfort. Das Luxuspaket kostet bis zu 10.000 Yuan (1.285 Euro) pro Nacht.
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Essen wie vor dem Untergang
An Bord der „Unsinkable Titanic“ soll den Gästen nicht langweilig werden, weshalb das Schiff mit einer Nachbildung des „Titanic“-Schwimmbeckens, einem Vegas-ähnlichen Spielcasino, einer Cocktailbar und mehreren Restaurants ausgestattet werden soll. Letztere servieren unter anderem die Gerichte, die es auf der Jungfernfahrt des Unglücksdampfers zu essen gab.
Everett Historical/Shutterstock
Umstrittene Eisbergsimulation
Nicht unumstritten ist die Eisbergsimulation der chinesischen „Titanic“-Kopie, die die Bedingungen zum Unfallzeitpunkt 1912 im Nordatlantik nachstellt. Licht- und Toneffekte sollen das Erlebnis noch gruseliger machen.
@RomandiseaTitanic / Facebook
Fertigstellung ungewiss
Der Bau der „Unsinkable Titanic“ dauert allerdings wesentlich länger als geplant. Der ursprüngliche Fertigstellungstermin 2017 wurde nicht eingehalten. Im Februar 2019 gab es Berichte, dass die Arbeiten noch im Gange seien und zuletzt wurde am 11. März 2021 ein Update bei Facebook mit Bildern des Schiffes, an dem noch geschweißt wurde, veröffentlicht. Ein neues Datum für die Fertigstellung ist aber nicht bekannt.
Doch der Zeitplan ist nicht das einzige Problem. Wie bei der „Titanic II“ wird auch die „Unsinkable Titanic“ als geschmacklos und trivial kritisiert. Produktionsdesigner Schnell zufolge werde das Projekt jedoch „sehr respektvoll“ umgesetzt. Im August 2021 berichteten britische Medien der Bau sei auf Eis gelegt worden. Unsere Anfragen an Romandisea nach einem Zwischenstand blieben unbeantwortet.
The Titanic Museum Attraction
Kleinere „Titanic“-Kopien
Wer nicht auf die originalgetreuen „Titanic“-Nachbauten warten möchte, hat in Amerika die Möglichkeit, kleinere Kopien des berühmtesten Schiffes der Welt zu besuchen. In Missouri und Tennessee gibt es jeweils ein Titanic-Museum, für das der Ozeankreuzer in kleinerer Ausführung nachgebaut wurde.
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