Vergessene mittelalterliche Ruinen, einstige Vorzeige-Kliniken ohne Personal und menschenleere Geisterstädte: Europa ist voll von gespenstischen Orten, die einst voller Leben steckten. Heute hüten ihre Ruinen wertvolle Geheimnisse der Geschichte unseres Kontinents. Von Schottland bis Italien und Portugal bis Kroatien, hier nehmen wir Sie mit auf einen virtuellen Rundgang durch 35 verlassene Stätten und geben Einblick in eine fast vergessene Zeit.
Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts sowohl die Kriegsführung als auch die Waffentechnik große Fortschritte machten, wurde es für Großstädte notwendig, ihre Vororte zu schützen. Die Festung Edegem, manchmal auch Fort 5 genannt, war eine von 21 solcher Verteidigungsanlagen, die 1914 Antwerpens wichtigste Widerstandslinie bildeten. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie von den deutschen Streitkräften eingenommen, anschließend aber von der belgischen Armee zurückerobert und bis 1975 weiter besetzt. Heute können Teile der ehemaligen Militärfestung kostenlos besichtigt werden.
Pyramiden war einst mit 1.000 Einwohnern die größte Bergarbeitersiedlung auf Spitzbergen, der größten Insel des gleichnamigen, zu Norwegen gehörenden Archipels im Nordpolarmeer. 1910 begannen die Schweden in Pyramiden mit dem Kohleabbau, verkauften die Rechte aber 1927 an die Sowjetunion. Unter deren Ägide wurde ein Großteil der Infrastruktur der Stadt errichtet. Mehr als 60 Jahre lang war Pyramiden eine wichtige Bergbausiedlung für die Sowjetunion, bis 1998 die Vorräte zur Neige gingen und die Stadt aufgegeben wurde. Inzwischen leben nach Angaben der örtlichen Tourismusbehörde im Sommer wieder knapp ein Dutzend Menschen in Pyramiden. Seit 2013 hat auch das Hotel Tulipan wieder geöffnet.
Das unheimliche Sanatorium Beelitz-Heilstätten liegt etwa 50 Kilometer südlich von Berlin und wurde 1898 als Heilstätte für Tuberkulosekranke in Brandenburg eröffnet. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg diente es als Lazarett, in dem 1916 auch der junge Adolf Hitler eine Verwundung auskurierte. Nach der russischen Besetzung wurde es bis 1995 von den Sowjets als Lazarett genutzt. Heute sind Teile der seit fast 30 Jahren leerstehenden Beelitz-Heilstätten für Besucher geöffnet.
Auf den ersten Blick ähnelt dieses verlassene Dorf einer traditionellen Wikingersiedlung, die dank der strengen isländischen Winter bemerkenswert gut erhalten ist. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um eine verlassene Kulisse aus einem Film, der nie gedreht wurde. Umgeben von schroffen, spitzen Gipfeln liegt die nachgebaute Wikingersiedlung etwas außerhalb des Fischerdorfs Höfn und besteht aus originalgetreuen Holzhütten mit Torfdächern. Die Anlage wurde 2010 für eine Produktion gebaut, die später wegen Finanzierungsproblemen eingestellt wurde. Jetzt kann sie gegen eine kleine Gebühr an den Landwirt, dem das Grundstück gehört, besichtigt werden.
Obwohl noch immer Züge durch Chamberí rattern, sind hier schon seit 1966 keine Passagiere mehr ausgestiegen. Der ehemalige Bahnhof liegt an der Linie 1, der ersten Madrider U-Bahn-Linie, die 1919 in Betrieb genommen wurde. Als in den 1960er-Jahren die Bahnsteige der benachbarten Stationen Bilbao und Iglesia wegen steigender Fahrgastzahlen verlängert wurden, fand sich für die sehr nahe gelegene Haltestelle Chamberí keine Verwendung mehr – sie wurde stillgelegt. Seit 2008 dient der alte U-Bahnhof als Museum, in dem die Besucher hinter einer Glasscheibe die vorbeifahrenden Züge beobachten können.
Zu seiner Blütezeit war dieses Hotel aus der Belle Époque ein beliebter Ausgangspunkt für Alpinisten. Nach dem Besuch der britischen Königin Victoria auf dem gerade fertiggestellten Furkapass im Jahr 1868 erlebte die Bergregion einen Aufschwung, und 1882 wurde das Hotel Belvedere gegründet. Damals lag der Rhonegletscher nur 183 Meter von der Eingangstür entfernt, und Gäste besuchten die majestätische, in das Eis gehauene Grotte. Doch als der Gletscher begann, in alarmierendem Tempo zu schmelzen, konnte die Sicherheit in der Höhle, die 1894 angelegt wurde, nicht mehr gewährleistet werden. Das Belvedere wurde 2015 geschlossen, seine mit Brettern vernagelten Fenster sind heute ein Mahnmal für die Auswirkungen des Klimawandels.
Noch heute erinnert ein Kalender an der Wand der teilweise zerstörten Schule von Poggioreale auf unheimliche Weise an das Jahr, in dem die Zeit in der Geisterstadt stehen blieb. 1968 erschütterte ein Erdbeben der Stärke 6,1 das sizilianische Dorf. Die Katastrophe kostete 231 Menschen im Belice-Tal das Leben, rund 100.000 wurden obdachlos. Die Überlebenden verließen in Scharen das von Trümmern übersäte Dorf. Seither wird Poggioreale von Touristen besucht, die zwischen den Ruinen wandeln, zu denen auch ein Theater, eine Bibliothek, ein Krankenhaus und ein Waisenhaus gehören.
Dieses einst prächtige Herrenhaus hat ein bewegtes Leben hinter sich: Es diente als Gästehaus, als Unterkunft für die britischen Streitkräfte und schließlich als Freudenhaus. Ursprünglich wurde es in den 1870er-Jahren für Professor Salvatore Luigi Pisani erbaut, den damaligen Chefarzt der maltesischen Regierung. Nach seinem Tod 1908 nutzten seine Cousine und ihre Familie die Villa als Sommerresidenz, bevor sie das Haus schließlich 1940 verkauften. Niemand weiß genau, seit wann die Villa verlassen ist, aber heute ist sie für ihre paranormalen Aktivitäten bekannt und es gibt zahlreiche Geistergeschichten, die mit dem Ort in Verbindung gebracht werden.
Es ist leicht zu verstehen, warum das Haludovo Palace Hotel in den 1970er- und 1980er-Jahren ein Hotspot für die Reichen und Schönen war. Mit seiner massiven Brutalismus-Architektur und dem Space-Age-Design zog das Resort an der ehemals jugoslawischen Adria einst Prominente, Spitzensportler und internationale Glücksspieler an. Als Hauptinvestor Bob Guccione, Gründer des amerikanischen Erwachsenenmagazins „Penthouse“, 1973 das Casino des Hotels in den Konkurs trieb, konnte sich das Haludovo Palace nur noch wenige Jahre halten. Mit dem Ausbruch des kroatischen Unabhängigkeitskrieges schloss das Hotel für immer seine Türen.
Die zerfallende Ruine von Schloss Dürnstein ist inzwischen wie verschmolzen mit dem Felsen, auf dem sie steht. In der zwischen 1140 und 1145 errichteten Festung hielt Leopold V. den gefangenen Richard Löwenherz fest, weil der englische König seine Beute aus den Kreuzzügen nicht mit dem österreichischen Herzog teilen wollte. Das legendäre Schloss, das nach der Sprengung durch die Schweden im Dreißigjährigen Krieg verlassen wurde, ist heute frei zugänglich und liegt am Welterbe Wachau, einer 180 Kilometer langen Wanderroute durch das Donautal und die Wachau.
Von den vier abgelegenen St.-Kilda-Inseln vor der Nordspitze Schottlands war nur Hirta jemals besiedelt. Mehr als 2.000 Jahre lang wohnte eine kleine, stoische Gemeinschaft auf der Hauptinsel. Doch dann kamen vermehrt die Touristen. Sie zerstörten den Frieden und bedrohten die Traditionen sowie die Gesundheit der einst isoliert lebenden Bewohner. Um 1930 wurde das Leben auf Hirta unter anderem durch eine Reihe von Missernten unerträglich. Nachdem eine junge Frau an einer Blinddarmentzündung gestorben war, die sie auf dem Festland hätte leicht überleben können, baten die letzten 36 Bewohner der unwirtlichen Insel um ihre Evakuierung. Heute beherbergt St. Kilda zwei UNESCO-Welterbestätten, die für ihre kulturelle und ökologische Bedeutung bekannt sind.
Das Busludscha-Denkmal ist kein verlassenes Raumschiff, sondern eines der letzten Überbleibsel der kommunistischen Partei in Bulgarien. Mit dem Bau des gewaltigen Monuments, das auf dem Berg Busludscha steht, wurde 1974 begonnen. Es sollte an die sozialistische Geschichte des Landes erinnern und diente bis zur Auflösung des sowjetisch geführten Ostblocks zu Beginn der 1990er-Jahre als Tagungs- und Kongresshalle. Es ist zwar nicht mehr möglich, das Innere des verfallenen Gebäudes zu betreten, aber man kann immer noch um seinen Sockel herumgehen.
Als griechische Putschisten 1974 den Anschluss Zyperns an Griechenland erzwingen wollten, besetzten türkische Truppen den Norden der Insel, und Zypern wurde de facto geteilt. Ins Kreuzfeuer geriet auch die Stadt Famagusta mit ihrem Ferienvorort Varosha. Anfang der 1970er-Jahre war das Urlaubsidyll ein beliebtes Reiseziel für die überwiegend griechisch-zyprische Bevölkerung. Doch als die türkische Armee die Kontrolle über Famagusta übernahm und Varosha zum militärischen Sperrgebiet erklärte, flohen Einwohner und Geschäftsleute in den griechisch kontrollierten Süden der Insel. Die Entscheidung der türkisch-zypriotischen Behörden, die Geisterstadt wieder für Touristen zu öffnen, ist höchst umstritten.
Von der Geisterstadt Kayaköy blickt man auf das glitzernde Wasser des Badeortes Oludeniz, doch die beiden Touristenattraktionen könnten unterschiedlicher nicht sein. Seit dem 14. Jahrhundert lebten in Kayaköy, das früher Levissi hieß, anatolische Muslime und griechisch-orthodoxe Christen friedlich miteinander. 1923, nach dem griechisch-türkischen Krieg von 1919 bis 1922, wurden dann aber die 6.500 christlichen Einwohner nach Griechenland deportiert. Dieser Bevölkerungsaustausch sollte sicherstellen, dass jedes Land nur eine Hauptreligion hatte. Die in Kayaköy umbenannte Siedlung wurde aufgegeben und ist heute ein Museumsdorf mit über 3.000 Hausruinen.
Dieses Mehrzweck-Verwaltungsgebäude wurde 2015 als faszinierendes Beispiel für die Architektur der Sowjetzeit in Estland zum nationalen Kulturdenkmal erklärt. Von der äußeren Form über den angelegten Teich bis hin zu den Mülleimern ist alles an dem 1977 für die Rapla KEK – eine Art staatliche Berufskammer – fertiggestellten Okta Centrum AS achteckig. Obwohl das Gebäude optisch gesehen viele Ebenen zu haben scheint, hat es faktisch nur drei. Als Estland noch zur UdSSR gehörte, strömten Menschen aus der ganzen Union herbei, um das UFO-ähnliche Gebäude zu besichtigen. Einige Jahre nachdem Estland 1991 seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion wiedererlangt hatte, wurde die damalige Rapla KEK in kleinere Zweigstellen aufgeteilt und ihre Zentrale schließlich aufgegeben.
Als 1950 die italienische Regierung beschloss, einen Staudamm zur Energiegewinnung zu bauen, schien das Alpendorf Graun für immer verloren. Die verärgerten Einwohner wurden aus mehr als 160 Häusern evakuiert und zwei Seen für ein Wasserkraftwerk zusammengelegt, wodurch der Reschensee entstand. Nur der Turm der 1357 gebauten Pfarrkirche St. Katharina überstand das Prozedere und ragt als Touristenattraktion seit 1950 aus dem Wasser. Doch im Jahr 2021 wurden bei Wartungsarbeiten am Stausee Spuren von Graun entdeckt, die seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen worden waren.
Dieses Wasserschloss mitten im Loiretal könnte ein Traum sein. Doch bis vor kurzem war es eher ein Albtraum. Im Hundertjährigen Krieg (1339–1453) wurde die ehemalige Burg von den Engländern eingenommen, während der Französischen Revolution (1789–1799) verwüstet und schließlich 1932 durch einen Großbrand bis auf die Kapelle, die Nebengebäude sowie das Taubenhaus zerstört. Seit 2017 setzt sich eine Crowdfunding-Initiative für den Erhalt von La Mothe-Chandeniers ein und Menschen aus aller Welt sind Miteigentümer der unbewohnten und verfallenen Schlossruine.
Das Londoner U-Bahnsystem ist das älteste der Welt. Neben den 272 in Betrieb befindlichen Stationen gibt es eine Handvoll stillgelegter Bahnhöfe. Eine davon ist Aldwych, bis 1994 eine Haltestelle der Great Northern, Piccadilly and Brompton Railway (der heutigen Piccadilly Line). Aldwych wurde 1907 unter dem Namen Strand Station eröffnet und fast ein Jahrhundert später im Zuge der Neugestaltung der Piccadilly Line geschlossen. In den darauffolgenden Jahren wurde der U-Bahnhof als beliebter Drehort für Filmproduktionen und als Touristenattraktion wiederbelebt.
Dieses alte Dorf in Süditalien ist Beweis dafür, dass man nicht immer alles haben kann. Die Lage auf einem Felsvorsprung ungefähr 400 Meter über dem Meeresspiegel war zwar perfekt, um potenzielle Angreifer abzuschrecken, machte Craco aber auch schwer zugänglich für die Einwohner und anfällig für Naturkatastrophen. Die mittelalterliche Siedlung, die zuvor mit politischen Unruhen zu kämpfen hatte, wurde schließlich von einer Reihe von Erdbeben und Erdrutschen heimgesucht. Ihre Einwohner waren gezwungen, ihre Zelte abzubrechen. Bis 1980 war Craco völlig verlassen, doch Führungen und religiöse Feste haben der Geisterstadt wieder ein wenig Leben eingehaucht.
Im 16. Jahrhundert wurde auf der kretischen Insel Spinalonga erstmals eine Festung errichtet. 1904 war sie jedoch Heimat von Hunderten von Leprakranken. Die von der Zivilisation verstoßenen Patienten wurden von einem einzigen Arzt versorgt, der nur selten vorbeischaute. Als 1948 ein Medikament gegen Lepra auf den Markt kam, konnten die geheilten Patienten die Insel verlassen. Bis 1957 blieb Spinalonga eine der letzten Leprakolonien Europas. Der letzte Bewohner, ein Priester, verließ die Insel 1962. Wer mehr über die dunkle Geschichte erfahren möchte, kann Spinalonga von April bis Oktober besuchen.
1984 fanden in Sarajevo die Olympischen Winterspiele statt. Im Vorfeld dieses Großereignisses wurden in der damaligen Hauptstadt der Teilrepublik Bosnien-Herzegowina innerhalb Jugoslawiens große Sportanlagen gebaut. Doch nachdem die Medaillen gewonnen und die Athleten nach Hause zurückgekehrt waren, brachen nur wenige Jahre später die Jugoslawienkriege aus. Ab 1991 diente das olympische Dorf schließlich militärischen Zwecken: Das ehemalige Athletenhotel wurde zum Hauptquartier der Armee, das Podium diente als Hinrichtungsplattform und die Kurven der Bobbahn (im Bild) als effektive Verteidigungspunkte. Heute ist das Gelände weitgehend verlassen, aber die Restaurierungsarbeiten sind im Gange.
Vor dem Bau der Metro beförderte die „Chemin de Fer de Petite Ceinture“ („kleine Ringbahn“) die Pariser durch die Stadt. Die 1852 in Betrieb genommene Dampfeisenbahn war das Werk Napoleons III. und seines Verwalters Baron Haussman, der die moderne Ästhetik von Paris maßgeblich prägte. Mit dem Bau der Metro wurde die kleine Ringbahn 1934 stillgelegt. Heute sind die alten Gleise von Unkraut und Wildblumen überwuchert und teilweise als Naturpfade angelegt.
Die mit Türmen gespickten Villen von Burj Al Babas könnten einem Schauermärchen entsprungen sein. Sie liegen auf halbem Weg zwischen Istanbul und Ankara und waren Teil eines ehrgeizigen Wohnbauprojekts von 2014. Die Pläne sahen den Bau von 732 identischen Luxusimmobilien im Stil von Disney-Schlössern vor. Angesichts der malerischen Umgebung und der nahegelegenen Thermalquellen schien das Projekt von Erfolg gekrönt zu sein. Doch 2018 kam es zur Finanzkrise: Der Immobilienmarkt und die Weltwirtschaft stürzten ab, der Wert der türkischen Lira sank und der Bauträger meldete Konkurs an. Seitdem steht das Multimillionen-Euro-Desaster verlassen da.
Verlassen, aber nicht vergessen: Noch immer erinnert das ehemalige Bauerndorf Oradour-sur-Glane in der französischen Region Nouvelle-Aquitaine an die Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs. Am 10. Juni 1944 trieb die SS-Panzerdivision „Das Reich“ alle 652 Einwohner des kleinen Dorfes zusammen, sperrte die Männer in Scheunen und die Frauen und Kinder in die Kirche und zündete den Ort an. Nur zehn Menschen überlebten. Die verwitterten Ruinen von Oradour-sur-Glane sind bis heute ein Mahnmal für die Ermordeten.
Whitby Abbey blickt auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Die Ruine, die Bram Stoker zu seinem Buch „Dracula“ inspirierte, steht heute an der Stelle eines im 7. Jahrhundert gegründeten Klosters, das zwei Jahrhunderte später – möglicherweise nach Wikingerangriffen – aufgegeben wurde. Im 13. Jahrhundert wurde Whitby als Benediktinerkloster etwas südlicher als der Vorgängerbau wieder aufgebaut, verfiel allerdings nach der Auflösung unter König Heinrich VIII. während der englischen Reformation zunehmend. Im 18. Jahrhundert fügten der unerbittliche Nordsee-Wind und Regen der Abtei erhebliche Erosionsschäden zu. Ein deutscher Bombenangriff im Jahr 1914 zerstörte die gesamte Westfassade.
Die ausgetrockneten Überreste des Steinbruchs Liban sind das letzte Zeugnis einer verlassenen Filmkulisse, die für den mehrfach preisgekrönten Film „Schindlers Liste“ geschaffen wurde. Zwar handelt es sich bei dem Konzentrationslager nur um einen Nachbau, doch wurde der Film unweit des ehemaligen Zwangsarbeitslagers Płaszów gedreht – 25 Minuten Fußweg vom jüdischen Viertel Krakaus entfernt. Die Häftlinge von Płaszów mussten im Steinbruch arbeiten, viele wurden auf dem Gelände ermordet. Das überwucherte Gelände, das nach den Originalplänen des Lagers rekonstruiert wurde, ist heute ein erschütterndes Mahnmal für die Schrecken des Naziregimes.
Mit Blut, Schweiß und Tränen wurde dieses alte deutsche Militärkrankenhaus und Munitionslager, das unter der Landschaft von Guernsey begraben liegt, während des Zweiten Weltkriegs von Zwangsarbeitern gebaut. Drei zermürbende Jahre lang bauten die Arbeiter – von denen viele dabei starben – die unterirdischen Tunnel mit Sprengstoff, einfachen Werkzeugen und ihren bloßen Händen. Trotz ihrer Anstrengungen war das Krankenhaus nur drei Monate lang in Betrieb (feuchte Tunnel sind nicht der beste Ort zur Erholung), während das Lager etwa neun Monate lang genutzt wurde. Die Stätte ist heute für die Öffentlichkeit zugänglich.
Als die farbenfrohe Insel Procida im Jahr 2022 zur Kulturhauptstadt Italiens erklärt wurde, waren alle Augen auf die hübschen pastellfarbenen Gebäude gerichtet. Und natürlich auf die wuchtige Festung Terra Murata, die auf einer Klippe über ihnen thront. Das auffälligste Bauwerk der Stadt ist das stillgelegte Gefängnis Palazzo d'Avalos, in dem bis 1988 einige der berüchtigtsten Kriminellen des Landes untergebracht waren – darunter Faschisten aus der Mussolini-Ära und Mitglieder der Mafia. Der ehemalige Palast aus dem 17. Jahrhundert wurde 1830 in eine Gefängniszitadelle umgewandelt, aber um ihn jetzt zu besuchen, muss man nicht gegen das Gesetz verstoßen. Tickets sind im Vorverkauf erhältlich.
Während des Spanischen Bürgerkriegs verwandelte sich das idyllische Belchite in ein blutiges Schlachtfeld, auf dem Tausende von Menschen ihr Leben verloren. Im Sommer 1937 eroberten die loyalen Republikaner die Stadt, in der die Nationalisten in Kämpfen und unter Einsatz von Kanonen erbitterten Widerstand leisteten. Der Triumph der Republikaner war jedoch nur von kurzer Dauer: 1938 wurde Belchite von den Truppen des Generals Francisco Franco zurückerobert. Die Stadt mit ihrer zerschossenen Kathedrale und den von Mörsergranaten zerstörten Gebäuden kann nur im Rahmen von Führungen besichtigt werden.
Das Prinkipo-Waisenhaus, eines der größten Holzgebäude Europas, sollte ursprünglich ein Luxushotel und Kasino werden. Als jedoch bürokratische Hürden die Eröffnung verhinderten, wurde es weiterverkauft und als Waisenhaus umfunktioniert. Mehr als 6.000 griechische Kinder fanden hier ein Zuhause, bevor Prinkipo 1964 im Zuge der zunehmenden Spannungen zwischen Griechenland und der Türkei geschlossen wurde. 2018 setzte der europäische Denkmalschutzverband Europa Nostra das verlassene Waisenhaus auf die Liste der am stärksten gefährdeten Kulturdenkmäler des Kontinents. Seit 2021 gibt es Spendenaufrufe für die Restaurierung des Gebäudes.
Schon seit dem 14. Jahrhundert thront die Burg Ogrodzieniec auf einer zerklüfteten Bergkuppe im polnischen Schlesien. Obwohl sie schon vor langer Zeit verlassen wurde und ihre Überreste heute mit dem felsigen Sockel darunter verschmolzen sind, ist sie immer noch ein imposanter Anblick. Während des Krieges mit Schweden wurde Ogrodzieniec im Jahr 1702 in Brand gesetzt und seinem Schicksal überlassen. Die dramatische Ruine wurde 1973 für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und diente vor kurzem in der Netflix-Fantasyserie „The Witcher“, die auf der Buchreihe des polnischen Schriftstellers Andrzej Sapkowski basiert, als Filmkulisse.
Im Spreepark, der 1969 als VEB Kulturpark Planterwald eröffnet wurde, drehten einst jährlich rund 1,5 Millionen Besucher ihre Runden. Entweder auf dem beliebten Riesenrad oder in den Achterbahnen. Der Park überlebte zwar den Mauerfall, wurde aber 2002 nach der Insolvenz des wegen Drogenhandels verurteilten Eigentümers endgültig geschlossen. Ein Brandanschlag auf die apokalyptisch anmutende Anlage im Jahr 2014 hätte das Ende bedeuten können, doch ein neues Projekt, das 2026 abgeschlossen sein soll, sieht die Umwandlung in eine Grünfläche vor. Bis dahin werden an den Wochenenden Führungen angeboten.
Die furchteinflößenden Flaktürme, von denen drei in Berlin, zwei in Hamburg und sechs in Wien stehen, wurden auf direkten Befehl Adolf Hitlers errichtet. Sie dienten im Zweiten Weltkrieg der Abwehr von Luftangriffen. Sie waren mit Flugabwehrkanonen ausgestattet, die eine Reichweite von über 14 Kilometern und einen Radius von 360 Grad hatten und jeweils 8.000 Schuss pro Minute abfeuern konnten. Mit der Weiterentwicklung der Artillerie und der militärischen Luftfahrt wurden die Flaktürme jedoch überflüssig. Die meisten Türme in Wien stehen heute leer, mit Ausnahme des Flakturms 2-L, der zum Haus des Meeres umgebaut wurde.
Die mit Graffiti besprühte Ruine des einst florierenden Restaurants Panorâmico de Monsanto ist heute einer der ungewöhnlichsten Aussichtspunkte der portugiesischen Hauptstadt. Das 1968 eröffnete trommelförmige Gebäude war in seiner Blütezeit ein exklusives Panorama-Restaurant für die aufstrebende Elite Lissabons. Nicht nur wegen des 360-Grad-Blicks, sondern auch wegen der Kunstwerke und Kacheln, die zum Teil bis heute erhalten sind. Nachdem das Gebäude im Laufe der Zeit als Bingohalle, Büro, Nachtclub oder Lagerhalle umfunktioniert wurde, schloss es 2001 endgültig seine Pforten. Seit 2017 können Touristen die Ruine gefahrlos besichtigen und den Ausblick vom dritten Stock genießen.
Die italienische Insel Poveglia ist als einer der gruseligsten Orte der Welt bekannt. Während der Pestepidemien in den 1570er- und 1630er-Jahren wurden hier Tausende von Betroffenen unter Quarantäne gestellt, um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Diejenigen, die der Pest zum Opfer fielen, wurden auf Poveglia eingeäschert. Anfang des 20. Jahrhunderts richtete die italienische Regierung auf der Insel eine psychiatrische Klinik ein, in der Berichten zufolge einer der Ärzte Experimente an Patienten durchführte. Die unheimliche Insel, die mitten in der venezianischen Lagune liegt, ist seit Langem für Besucher tabu.
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